Rezension

Ein junger Polizist und ein alter Fall aus den 50er Jahren

Blindes Eis - Ragnar Jónasson

Blindes Eis
von Ragnar Jonasson

Bewertet mit 4 Sternen

Der junge Polizist Ari Thór Arason ist noch immer im kleinen isländischen Ort Siglufjördur tätig. Überraschend für einen so abgelegenen Dienstort, stürzen auf Ari gleich mehrere Aufgaben ein, während sein Chef Tomas gerade zu Besuch in Reykjavik ist. Aufgrund einer an Ebola erkrankten Person muss der Ort unter Quarantäne gestellt werden, ein junges Paar fühlt sich von einem geheimnisvollen Eindringling bedroht und Ari wird um Ermittlungen in einem ungelösten Altfall gebeten. Ein Herr Hédinn nutzt bewusst die Abwesenheit des Polizeichefs, um sich wegen der alten Geschichte an Ari zu wenden, weil er sich von dem jungen Polizisten einen unverstellten Blick erhofft. Hédinns Eltern lebten vor 60 Jahren auf einem einsamen Hof am Fjord, als seine Tante Jórunn unter eigenartigen Umständen ums Leben kam. An der angeblichen Todesursache kann man aus heutiger Sicht erhebliche Zweifel haben. Ein Foto aus der Zeit lässt Hédinn nun zweifeln, ob damals wirklich nur zwei Paare mit ihm als Baby auf dem Hof lebten. Ari nutzt seinen Kontakt, der wegen des spektakulären Ebola-Verdachts zur Fernseh-Journalistin Isrúnn besteht, um Zeitzeugen zu seinem Fjord-Fall zu finden. Während der Fall des fremden Eindringlings bedrohliche Ausmaße annimmt und sich bis in prominente Kreise ausbreitet, erzielt Ari erstaunliche Erfolge bei seiner Sichtung alter Briefe und der Befragung von Zeitzeugen.

Wie viel Ari über die Lebensbedingungen an einem abgelegenen Ort in den 50ern herausfindet und wie sich die Düsternis jener Zeit spürbar auf die Ermittler von heute legt, stellte für mich die Stärke des Kriminalromans dar. Zur Lösung gelangt Ari durch die genaue Interpretation des Fotos und indem er sich schließlich in eine für ihn ferne Epoche mit ihren Wertvorstellungen einfühlt. Der aktuelle Fall, sowie die zahlreichen privaten Konflikte und Sorgen der Beteiligten waren für mich dagegen weniger interessant. Auch wenn es einige offene Enden im Privatleben von Tomas und Ari gibt, habe ich den dritten Band um Ari Thór Arason gern gelesen, den Jónasson als Andenken an seine Großeltern verfasste, die in Siglufjördur lebten.