Rezension

Ein Klassiker mit leichten Mankos

Interview mit einem Vampir - Anne Rice

Interview mit einem Vampir
von Anne Rice

Bewertet mit 4 Sternen

Interview mit einem Vampir dürfte einigen ein Begriff sein, nun habe ich selber das Buch ebenfalls gelesen und muss zugeben, dass es ein Klassiker mit leichten Mankos ist.
Ich habe ein anderes Cover als dieses hier. Ich besitze eine gebrauchte Ausgabe mit dem Filmcover. Nicht ganz mein Fall, allerdings störte ich mich nicht sonderlich daran, wichtiger als das Cover ist nun einmal der Inhalt:

Die Figuren sind schön modelliert und gerade der erzählende Hauptprotagonist Louis hat eine wundervolle Art, den Leser an seinen Gedanken teilhaben zu lassen.
Im Laufe der Geschichte trifft er immer wieder auf verschiedene Personen und beinahe genauso oft wird sich die eine Frage gestellt; Ist es richtig zu töten, um selber überleben zu können? Oder ist es besser, Tiere zu töten, anstatt Menschen, auch wenn Menschen andere Menschen töten?
Louis bringt diese Zweifel hervorragend hervor und mehr als einmal ertappte ich mich dabei, wie ich geistig mitdiskutierte. Ich kann mich sehr gut in ihn hineinversetzen.
Bei den anderen Figuren wusste ich meistens nicht, ob ich sie mögen sollte oder nicht. Gerade Lestat hat es mir sehr schwer gemacht, mich zu entscheiden. Einerseits mochte ich seine Art, andererseits verurteilte ich ihn auch für einige Dinge.
Völlig unsympathisch dagegen war mir Claudia, der ich zunächst neugierig begegnete und die mir alsbald mehr als einmal auf die Nerven ging.

Passend zu den Charakteren war die Handlung. Teilweise recht ruhig, teilweise spannend ergab sie eine schöne Mischung, die einen immer wieder dazu verleitet hat, das Buch erneut in die Hand zu nehmen.
Es gibt immer wieder Wendungen, die man so vielleicht nicht vorher gesehen hat und die einen erneut fesseln. Mehr als einmal ertappte ich mich dabei, wie ich nur noch bis zur abgeschlossenen Seite lesen wollte und dann doch letztendlich weiter las, weil ich wissen wollte, wie es denn nun weiter geht.

Das große Manko spiegelte sich jedoch nicht darin wieder, dass ich die Vampire gerne verurteilte wegen ihrer Lebensart, sondern im Schreibstil selber.
Dieser wird so dargestellt, dass Louis einem Jungen alles berichtet und dieser es auf Tonband aufnimmt –einen Umstand, den ich durch den Titel natürlich schon vorausgesehen habe. Gerade am Anfang wird man immer wieder aus der Geschichte herausgerissen, wenn die beiden in der Gegenwart miteinander interagieren (z.B. dass Louis dem Jungen beim Anzünden der Zigarette hilft).
Leider muss ich zugeben, dass Anne Rice damit ein wenig den Pfiff aus der Handlung genommen hat. Es war am Anfang schwer, sich immer wieder einzulesen, wenn Louis erzählte und dann wurde man schon wieder aus der Handlung gerissen.
Darum kann ich auch nur 4 von 5 Sternen geben. Eventuell wäre es besser gewesen, den ‚typischen’ Schreibstil zu verwenden und am Anfang/ Ende der Kapitel in die Gegenwart zurückzukehren.
Allerdings besserte sich dieses ‚Herausreißen’ im Laufe des Buches und wurde besser. Ich weiß nicht, ob ich mich dran gewöhnte oder es einfach nicht mehr sooft vorkam, dass der Junge den Vampir unterbrach. Schätzungsweise eine Mischung aus beidem.

Das Fazit: Wer Interview mit einem Vampir nicht kennt und ein Freund von Vampirbüchern ist, sollte sich einmal hier dran geben. Ich werde dieses Buch bestimmt noch einmal lesen, aber auf jeden Fall mir auch die anderen Teile besorgen (von denen ich hörte, dass sie einen anderen Schreibstil haben).
Die Geschichte ist flüssig und gut geschrieben, die Charaktere passen und haben alle ihre Macken, wirken dadurch jedoch lebendiger.
Einzig der Schreibstil und vielleicht die Tatsache, wie mit der Hauptfrage des Buches umgegangen wird, empfand ich zuweilen nicht so gut. Allerdings ist nur der Schreibstil dabei wirklich ein Problem, denn Vampire denken eben anders als Menschen.

Kommentare

Evanesca Feuerblut kommentierte am 28. August 2014 um 12:20

Das ist eins meiner Lieblingsbücher und als ich eine Rezi dazu erblickte, musste ich prompt lesen und kommentieren ^^.

Ja, der Schreibstil... ich hatte neulich ein brandaktuelles Buch von Anne Rice in der Hand und kann dir auf jeden Fall versichern, dass sie sich inzwischen weiterentwickelt hat. Man erkennt immer noch ihre Handschrift, aber gewisse Fehlerchen sind ausgemerzt.

"Interview" ist das einzige Buch aus der Perspektive von Louis und Louis hat eine etwas eigene Erzählstimme. Ich bin gespannt, wie du die Erzählstimmen der anderen Figuren wahrnimmst. Ich füge dich mal zur Freundesliste hinzu, ich möchte deine anderen Rezensionen auch lesen und in einen Dialog treten :)

Auch wenn dir die Bücher nicht gefallen sollten, freue ich mich einfach auf einen netten Meinungsaustausch.

LG,

Evanesca