Rezension

Ein Klassiker wird in die Moderne versetzt

Sommernachtstraum - Tanya Lieske

Sommernachtstraum
von Tanya Lieske

Bewertet mit 4 Sternen

INHALT
Der beliebte Englischlehrer Ben Zimmermann strebt mit der 9c eines katholischen Elitegymnasiums ein großes Projekt an. Gemeinsam wollen sie Shakespeares Sommernachtstraum auf die Bühne bringen und üben fleißig für ihre Theateraufführung. Als hätte es der Lehrer geahnt, passt das Stück perfekt zur derzeitigen Gemütslage seiner Schüler. Diese durchleben gerade den ganz normalen Wahnsinn eines Neuntklässlers und müssen Mutproben bestehen, die Liebe meistern und auch sonst steckt das Leben voller Hürden. Die Verwechslungskomödie mit verwirrten Liebespaarenbenötigt gar keine große Bühne, denn Liebe, Hass, Rache und Verlust prägen bereits den Alltag der Schüler.

MEINUNG
Es ist nun 400 Jahre her, dass Shakespeare gestorben ist und somit befinden wir uns in einem Jahr, welches voller Neuauflagen und Interpretationen seiner Werke steckt. Tanya Lieske hat meiner Meinung nach eine ganz besondere Version des Sommernachtstraumes geschaffen und die Charaktere in die heutige Zeit katapultiert - ohne dabei gekünstelt und absurd zu klingen. Absurd klang zwischenzeitig nur Mireille, weil sie in ihren Tagträumen jede Sekunde auf Edward gewartet hat. Die dutzenden Twilight-Zitate hätte ich sicherlich nicht gebraucht.

Direkt zu Beginn lernen wir anhand eines Personenverzeichnis die wichtigsten Charaktere kennen und deren Gegenstück aus der originalen Version Shakespeares. Die vielen Namen haben mich ehrlich gesagt erschlagen und besonders zu Beginn ist die Vielzahl der Charaktere doch verwirrend, denn alle sind mit ihren kleinen und großen Problemen wichtig. Nicht nur in ihrerer eigenen kleinen Welt, sondern auch über direkte und indirekte Verbindungen zu weiteren Personen. Diese Tatsache macht Sommernachtstraum von Tanya Lieske zu einer komplexen Geschichte, welche mit Ruhe und Sorgfalt gelesen werden sollte. Zwischen den Zeilen findet sich häufig noch das ein oder andere Detail, welches die Geschichte umso lesenswerter macht und diese Stellen sollte niemand missen. Der einzige Knackpunkt der Geschichte ist für mich die Komplexität und die geringe Seitenanzahl.Eine Vielzahl der Probleme hätte eindringlicher und ausführlicher behandelt werden müssen und gerade das Ende geht kaum noch auf den Auslöser des Showdowns ein. Für mich irgendwie enttäuschend.

"Damals war klar, das ist für immer. Für immer war damals." ~ S. 123 
Trotz kleinerer Mankos konnte mich die Geschichte packen und mir hat besonders gefallen, dass ich die Geschichte nicht alleine gelesen haben - und das obwohl ich in mein Bett gekuschelt war und niemand in meiner Nähe. Wie kann es dann sein, dass jemand mitgelesen hat? Shakespeare und Oberon haben durch kleine Anmerkungen Hintergrundwissen und Informationen preisgegeben, die ich sehr gelungen fand. Auch hat Oberon im Auftrag Shakespeares die Darsteller der Gegenwart besucht und so seinem eigenen Stück beigewohnt. Eine tolle Idee, obwohl Oberons Auftritte doch häufig zu Verwirrung geführt haben. ;)

Übrigens kommt die Autorin Tanya Lieske aus dem wundervollen Rheinland und teilt mit mir den Wohnort - wenn das nicht jede Menge Pluspunkte gibt. :D

FAZIT
Die Verflechtung der beiden Stücke aus Vergangenheit und Gegenwart haben mir sehr gut gefallen. Leider kratzten viele Szenen nur an der Oberfläche und ein wenig mehr Tiefgang hätte mir noch besser gefallen. Für mich hat Tanya Lieskes Sommernachtstraum 4 von 5 Punkten verdient und ist perfekt für jeden, der Shakespeares Stück noch einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten möchte - dennoch ist es nicht zwingend notwendig Shakespeares Originallektüre vorab zu lesen.

Kommentare

Nici Hamann kommentierte am 27. Mai 2016 um 19:00

Danke für die tolle Rezi. Das Buch landet auf meiner WuLi

Liebe Grüße

Nici