Rezension

Ein kleiner Junge, von dem die Großen lernen können

Teo - Lorenza Gentile

Teo
von Lorenza Gentile

Bewertet mit 5 Sternen

~~Klappentext
Teo ist acht Jahre alt und hat vor allem einen Wunsch: Er möchte, dass seine Eltern endlich aufhören zu streiten. Ob Kaiser Napoleon ihm erzählen kann, wie der Krieg zu Hause zu gewinnen ist? Erstmals seit langem haben ihm die Eltern zum Geburtstag etwas geschenkt, das ihm wirklich gefällt – einen Comic über den großen Franzosen. Napoleon habe einst alle Schlachten gewonnen, liest er da. Teo möchte ihn unbedingt persönlich kennenlernen, doch Napoleon ist tot. Eine außergewöhnliche Situation erfordert eben außergewöhnliche Schritte, sagt sich Teo. Während die Stimmung zu Hause auf Phase drei zusteuert (Scheidung), macht Teo sich unbeirrt auf die Suche nach ihm und damit nach Antworten auf große Fragen: Wo ist eigentlich das Jenseits? Oder: Sind Träume vielleicht wirklicher als die Wirklichkeit? Er fragt in der Schule nach, bei den zerstrittenen verzweifelten Eltern, bei Susu, dem Kindermädchen, bei einem französischen Maler, der Mama porträtiert. Und so entsteht ein gefährlicher Plan, der ihn schließlich zu Napoleon führen soll. Ausgerechnet Luigi jedoch, der nach ein paar Tiefschlägen im Leben unten in der U-Bahn immer Passanten anbettelt, scheint das Geheimnis zu kennen, durch das Teo seine Schlacht vielleicht doch noch gewinnt …

„Es sind nicht einmal fünfzig Stunden bis zu meinem Tod. Ich habe nicht mehr viel Zeit.
Aber ich bin nicht dumm.
Ich heiße Teo und überlege seit elf Tagen, wie ich mein Ziel erreichen kann.“ (Seite 12)

Das sind die letzten Worte des ersten Kapitels und mir als Leserin bleibt das Herz fast stehen. Fragen schießen wie wild durch meinen Kopf. Was veranlasst einen achtjährigen Jungen sich das Leben zu nehmen? Und warum hat er dafür nur noch 50 Stunden Zeit? Doch schon auf den nächsten Seiten bekomme ich meine Antworten. Teo ist unglücklich. Seine Eltern streiten nur noch und seine Schwester flüchtet vor den Eltern und den Streitigkeiten. Teo ist mit dieser Situation vollkommen allein. Seine Eltern sehen gar nicht, was sie mit ihren offenen Streitereien vor Teo anrichten. Als dieser zu seinem Geburtstag ein Comic Buch über Napoleon geschenkt bekommt, ist dieses Buch sein einziger Trost. Napoleon wird zu Teos Held. Hat er doch jede Schlacht gewonnen in die er gezogen ist. Plötzlich wird dem kleinen Jungen klar, nur Napoleon kann ihm helfen, denn nur er weiß wie man die großen Schlachten gewinnen kann. Doch die Sache hat einen Haken. Napoleon ist tot. Wie kann Teo trotz alledem mit Napoleon in Kontakt treten? Auch hier findet er schnell die Lösung. Er muss ebenfalls tot sein. Doch wie soll er das anstellen? Fragen über Fragen stellen sich ihm und so macht er sich auf die Suche nach den Antworten, denn sein Ziel ist diese eine große Schlacht (eine glückliche Familie zu sein) zu gewinnen.

„Die entscheidende Frage war jetzt: Gut oder böse sein, was bedeutet das genau? Wenn man andere nicht abschreiben ließ, wie Giulia, war man dann gut, weil man befolgte, was die Lehrerin sagte, oder böse, weil man seinen Freunden nicht half? Wenn man sich um die Kinder anderer Leute kümmerte statt um die eigenen, wie Susu, war man gut, weil man Geld nach Hause schickte, oder böse, weil man weit weg von seiner Familie lebte? Und Napoleon? War der gut oder böse gewesen?“ (Seite 34/ 35)

Die Autorin hat hier ein wundervolles Buch geschaffen. Sie zeigt mit einer sehr leisen und poetischen Sprache die Welt eines achtjährigen Jungen, dessen Welt dabei ist zu zerbrechen. Lorenza Gentile schafft es mit Teo als Ich-Erzähler mich zu berühren. Teos naive Sicht der Dinge, seine Fragen und philosophischen Ansätze bewegt mein Herz. Manche Sätze lese ich immer und immer wieder, weil von ihnen eine Kraft ausgeht, wie ich sie selten finde. Ich liebe diesen kleinen Jungen und meine Sorge wächst von Seite zu Seite … wird er sich wirklich umbringen, um Napoleon zu treffen?

„Er mustert mich so genau, als wäre ich die Landkarte, die in unserer Klasse an der Wand hängt, dann sagt er:>Das Geheimnis ist, dass man niemals glauben darf, man wäre zu klein.<“ (Seite 193)

Dieses Buch ist etwas ganz besonderes. Teo stiehlt sich mit der ersten Seite bereits in mein Herz. Ich möchte diesen kleinen Jungen in den Arm nehmen und trösten. Doch Teo ist viel stärker als ich denke und sein Mut und sein Wille für die Familie zu kämpfen zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht.

Teo muss man nicht nur lesen, sondern jedem Menschen in die Hand drücken, denn es ist eine Bereicherung fürs Leben. Danke Lorenza Gentile für dieses wundervolle Buch ♥

Für mich ist Teo der Kleine Prinz des 21. Jahrhundert. Ein kleiner Junge, von dem die Großen lernen können …

„Ich muss mir nur vorstellen, dass mein Leben ein Buch ist und jeder Tag eine Seite, und wenn ich die von heute umblättere, steht da geschrieben: NOCH DAS GANZE LEBEN.“ (Seite 195)