Rezension

Ein Kuckuck nistet sich ein

Kuckucksmörder - Raimon Weber

Kuckucksmörder
von Raimon Weber

Bewertet mit 3.5 Sternen

In "Kuckucksmörder" bekommt das Spiel "Vater, Mutter, Kind" aus Kindertagen eine ganz andere Bedeutung. Man nehme ein Frau, ein Kind oder auch mehrere Kinder, einen gewalttätigen Mann und beobachtet sie. Man sieht genau hin und bemerkt Dinge, die selbst für Außenstehende nicht sichtbar sind. Deine eigene Kindheit ist geprägt durch häusliche Gewalt und dein Ziel ist es, den Mann auszuschalten, der seiner Familie diese Demütigungen, diesen Schmerz hinzufügt. Du bist selbst Opfer gewesen und dadurch hast du dich verändert. Du bist zu keinerlei Gefühl mehr fähig. Du willst nur, dass eine perfekte Familie entsteht, in der die Kinder lachen und die Frauen nicht mehr weinen. Dieses Ziel verfolgst du unerbittlich. Jetzt bleibt nur noch die Frage, wer denn nun der Kuckuck ist? Ist es der, der seine Familie schlägt und misshandelt oder ist es der, der die Familie befreit und sich dann einzunisten versucht? Logisch wäre beides, oder?
Für mich war "Kuckucksmörder" ein gut durchdachter Psychothriller, der nur leider doch einige Schwächen aufgewiesen hat. Die Idee der Story war meisterhaft, aber die Durchführung leider viel zu offensichtlich. Ein Tabuthema wie "Häusliche Gewalt" zu nutzen, um sie in einen Thriller einzubauen fand ich sehr gelungen, denn leider wird darüber doch zu sehr geschwiegen. Hier kommt ganz klar zum Vorschein, was es mit Kindern macht, die zusehen müssen wie ihre Mutter regelmäßig verprügelt wird. Mütter die ihre blauen Flecken verstecken müssen und vielfach behaupten, sie wären die Treppe hinunter gefallen. Ein Alptraum für jedes Kind. Tödlich für eine Kinderseele. Da es dem Autor gelungen ist, die Emotionen einzufangen und so zum Ausdruck zu bringen, dass ich es mitfühlen konnte - Schmerz, Angst und Leid - konnte ich den Thriller als solide und gut empfinden. Die Spannung litt darunter, dass alles zu offensichtlich wurde und auch der Showdown nicht mehr viel herausreißen konnte. Offene Ende im Thriller finde ich ehrlich gesagt unzumutbar, denn ich brauche einen echten Abschluss. Was hat sich der Autor nur dabei gedacht? Wird die Story weitergehen oder muss ich selbst meine Gedanken kreisen lassen?
Im Gesamtergebnis ist "Kuckucksmörder" zufriedenstellend. Letztendlich fühlte ich mich doch gut unterhalten, auch wenn ich von Anfang an wusste, worauf Falk hinauszielt. Besonders gut fand ich die Einblicke in die Kindheit des Täters und seine emotionale Entwicklung, die aus dem was er als Kind erfuhr entsprungen ist. Einen Thriller auf die Psychoschiene zu schieben, berührt mich oft zutiefst. Die häusliche Gewalt, die der Story einen Rahmen bietet und mich erschüttert, wenn ich es lesen muss.