Rezension

Ein längst überfälliges Denkmal für Blanche Peyron!

Das Haus der Frauen - Laetitia Colombani

Das Haus der Frauen
von Laetitia Colombani

Bewertet mit 4 Sternen

Ein wundervoller Roman, der nicht wegschaut und einer wahren Heldin ein Denkmal setzt.

Die Anwältin Solène funktioniert zwanzig Jahre lang hervorragend in ihrer Kanzlei bis zu einem Nachmittag, an dem ein Mandant sich vor ihren Augen das Leben nimmt, weil er für schuldig befunden und verurteilt wurde. Sòlene rast in ein Burn-Out, eine so tiefe Hoffnungslosigkeit und Leere, dass sie keinen Sinn mehr in ihrem Leben findet.
Mit psychologischer Hilfe wird ihr ehrenamtliche Arbeit nahe gebracht und so landet sie schließlich im Palast der Frauen in Paris, einem der größten Frauenwohnheime Europas. Einmal die Woche bietet sie dort an, im Namen der Frauen zu schreiben. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um offizielle Schreiben oder vertrauliche Briefe handelt. Schnell taucht sie tief in die Geschichten der Frauen ein, hinterfragt ihr eigenes Leben und findet Stück für Stück zurück.

Die Autorin Laetitia Colombani erzählt abwechselnd aus Sòlenes heutiger Perspektive und aus Paris ab dem Jahre 1925. Wir begleiten nicht zur Sòlene und die heutigen Bewohnerinnen sondern auch Blanche und ihren Ehemann Albin Peyron, die der Heilsarmee angehören und ihr ganzes Leben lang dafür kämpfen, Bedürftigen und vor allem Frauen in Nöten einen Platz und Perspektiven zu geben. Dabei stützt sich Colombani auf historische Fakten, denn Blanche und Albin haben wirklich gelebt und aufopferungsvoll um den Palast der Frauen gekämpft, der seit nun mehr als 100 Jahren in Paris Gutes tut. Die Mischung fand ich sehr gelungen und äußerst spannend. Von Blanche Peyron hatte ich bisher leider noch gar nichts gehört, nun habe ich mir ihren Namen und ihr beeindruckendes Werk tief eingeprägt!

Auch Sòlene als Protagonistin hat mir extrem gut gefallen. Wie sie langsam immer mehr abtaucht, zuhört, realisiert und nach einigen Rückschlägen ins Handeln kommt, fand ich sehr authentisch und schön zu begleiten. Berührend waren vor allem die vielen verschiedenen Schicksale und Geschichten der Bewohnerinnen, die sehr wahrscheinlich nur einen ganz minimalen Einblick in die Millionen von Frauenleben geben.

Das Haus der Frauen hat mir auch stilistisch sehr gut gefallen. Colombani kommt direkt auf den Punkt, es gibt wenig Schnörkel und jedes erzählte Detail ist exakt platziert. Sie gibt den Frauen genügend Raum und lässt ihre Erlebnisse einfach wirken. Das hat mich tief berührt, ebenso wie die Gemeinschaft und der Zusammenhalt, die aus so vielen verschiedenen Menschen und Schicksalen entstanden ist.

Ein wundervoller Roman, der nicht wegschaut und einer wahren Heldin ein Denkmal setzt.