Rezension

Ein Leben für die Musik

Die Pianistin - Beate Rygiert

Die Pianistin
von Beate Rygiert

Bewertet mit 4 Sternen

Clara Wieck ist ein Ausnahmetalent. Schon mit 15 Jahren ist sie ein Star in der deutschen Musikszene und gibt ein gefeiertes Konzert nach dem anderen. Ihr Vater Friedrich hat das Mädchen konsequent und mit äußerster Strenge zu einer technisch brillianten Pianistin ausgebildet und vermarktet das „Wunderkind“ nach allen Regeln der Kunst – auch zulasten Claras Gesundheit. Doch das Mädchen ist stark und wird langsam erwachsen. Sie fängt an, Dinge zu hinterfragen und – was für ihren Vater am schlimmsten ist – hat sich verliebt. Und zwar in den Komponisten Robert Schumann, den Friedrich zwar als Musiker schätzt, aber als Mensch verachtet, da er nicht mit Geld umgehen könne, zuviel trinke und den Kopf nur in den Wolken habe.

 

Ganz unrecht hat Friedrich damit nicht, aber das will die unsterblich verliebte Clara nicht wahr haben. Gegen alle Widerstände pflegen Clara und Robert über Jahre hinweg ihre Beziehung – wenn auch hauptsächlich über Briefe und nur kurze Begegnungen. Letztlich sagt sich Clara von ihrem Vater los und Robert klagt sein Recht, Clara zu heiraten, ein. Erst nach einem erbitterten Rechtsstreit darf er sie zur Frau nehmen. Doch dann erfährt Clara immer mehr, wie einengend eine Ehe für eine gefeierte Pianistin sein kann, die das Reisen und Konzertieren gewöhnt ist und für die Musik lebt. Robert hält sie als Ehefrau an der kurzen Leine, Clara bekommt ein Kind nach dem anderen und ihre Karriere verkümmert genauso wie ihre Lebenslust…

 

Beate Rygiert erzählt in „Die Pianistin“ das Leben von Clara Wieck, spätere Schumann, von ihrer Glanzzeit als Wunderkind bis zum Tod ihres Mannes. Leider nimmt dabei aber die Zeit bis zur Heirat von Clara und Robert fast die Hälfte des Buches ein – ein Zeitraum von wenigen Jahren, in dem eigentlich nicht viel passiert als dass Clara Konzerte gibt und ihr Vater den Geliebten schlecht redet. Ich muss zugeben, dass ich diesen Teil mit der Zeit als ermüdend empfand, da selbst eine gute Autorin bei der Beschreibung des 26. Konzertes keine wesentlich neuen Formulierungen mehr finden kann… Es war eine Aneinanderreihung von Konzertabenden, deren Beschreibung man aus meiner Sicht ordentlich hätte straffen müssen, um das Buch für den Leser interessant zu halten.

 

Erst nach Claras Heirat kam Bewegung in den Roman. Ihr schleichender Niedergang als Künstlerin wurde von der Autorin einfühlsam und im richtigen Tempo erzählt, so dass der Roman plötzlich doch noch sehr interessant, informativ und – ja – spannend wurde! Besonders Roberts zunehmende Verwirrung und Depression sowie Claras (historisch nicht klar belegte, aber wahrscheinliche) Liaison mit dem 14 Jahre jüngeren Johannes Brahms gaben der Geschichte viel Stoff. Am Ende kam es mir sogar so vor, als sei die Geschichte viel zu schnell zu Ende erzählt worden. Denn mich hätte auch interessiert, wie Claras Leben nach dem Tod ihres Mannes weiterging – schließlich überlebt sie Robert Schumann um 40 Jahre! Das wurde aber leider nur in einem einzigen Absatz im Nachwort zusammengefasst.

 

Ich hätte mir ein ausgewogeneres Verhältnis des Erzähltempos gewünscht, dann wäre der Roman perfekt gewesen. Aber so muss ich einen Stern abziehen für den viel zu lang geratenen ersten Teil. Dennoch finde ich, dass das Buch einen guten Überblick über das Leben von Clara Schumann gibt und auch einen tiefen Einblick in ihre Seele – insbesondere was die sich wandelnde Beziehung zu ihrer großen Liebe Robert Schumann angeht.

 

4 Sterne und eine Empfehlung für kulturhistorisch interessierte Leserinnen!