Rezension

Ein leben lang Sklave? - Eine abenteuerliche Reise

Washington Black - Esi Edugyan

Washington Black
von Esi Edugyan

Bewertet mit 4 Sternen

Washington Black kommt um 1820 auf der Zuckerrohr-Plantage „Faith“ auf Barbados zur Welt und wird mit 2 Jahren zum ersten Mal als „Feldnigger“ zur Arbeit mit aufs Feld genommen. Aufgezogen wird „Wash“ von Big Kit, von der die Schwarzen glauben, sie wäre eine Wasserhexe aus Dahomey. Kit kann Geschichten erzählen, als hätte sie schon drei Leben gelebt. Wash vergöttert sie dafür, dass sie ihm aus der Hand liest. Seit  er 9 ist, arbeitet er wie ein Erwachsener. Kurze Zeit darauf stirbt der betagte Master. Für die Sklaven auf Faith bedeutet der folgende Besitzerwechsel ein unvorstellbares Maß an Gewalt und Grausamkeit. Auf Wash scheint ein gütiges Schicksal zu warten, denn Christopher Wilde, der Bruder des neuen Masters, reist mitsamt seinem selbst konstruierten Wolkenkutter zu Besuch auf die Plantage, einem Ballon mit darunter hängendem Boot. „Titch“ trotzt seinem Bruder den kleinen Jungen ab, weil er meint, der hätte gerade das richtige Gewicht, um als Ballast mit ihm gemeinsam im Ballon den Atlantik zu überqueren. Eher zufällig entdeckt Titch, dass der Junge ein begnadeter Zeichner ist, wie ihn sich jeder Tüftler und Forscher als Assistenten wünschen würde. Kit ist alles andere als begeistert von Washs neuer Rolle, sie ahnt, dass der Junge durch die Sonderbehandlung entwurzelt wird und fürchtet, dass Titch ihn ebenso missbrauchen wird, wie andere Weiße ihre Sklavenkinder. Der überraschende Besuch von Cousin Philip zitiert Erasmus zurück nach England, Titch soll stattdessen die Plantage führen, was ziemlich sicher die ganze Familie in den Bankrott führen wird. Doch zunächst müssen Titch und Wash vor einem Kopfgeldjäger flüchten. Ihre abenteuerliche Flucht per Ballon, Schiff und Hundeschlitten führt Master und Diener auf einen Handelsposten an der Hudson Bay, Wash allein weiter nach Nova Scotia im Osten Kanadas und schließlich nach England. Am Ende wird der elternlose Wash vielleicht begreifen, dass er auf der Suche nach einer Person gewesen ist, die ihn um seiner selbst liebt – und dabei stets Weißen gefolgt ist.

Das Buchcover mit dem Wolkenkutter lässt an einen fantastischen Abenteuerroman à la Jules Verne zwischen Karibik und Kanadas hohem Norden denken. Washington Black erzählt 1836 im Alter von 18 Jahren  sein abenteuerliches Leben im Rückblick auf den 10-jährigen und den 13-jährigen Wash. Die Handlung schlägt einige unbegründete Haken, die für einen elternlosen Jungen auf der Suche nach einer Identifikationsfigur verständlich sein mögen, die jedoch ratlose Leser zurücklassen könnten. Als Titch in seinem Leben auftaucht, hat Wash außer Big Kit und der Plantage  noch nichts kennengelernt. Sein Heranreifen und seine wachsende Menschenkenntnis werden behauptet, spiegeln sich jedoch nicht im Erzählton, der auf mich den gesamten Roman über gleichbleibend klingt. Wie „gedruckt“ sich ein elternloser entlaufener Sklave in der Geschichte ausdrückt, fand ich so wenig überzeugend wie die Erzählperspektive, die nicht immer konsequent beim Erleben eines Kindes bleibt, das nie eine Schule besucht hat.

Washington Black folgt einer abenteuerlichen Reiseroute. Seine Entscheidungen konnte ich nicht immer nachvollziehen und auch als Icherzähler fand ich ihn nicht immer konsequent. Wer sich für das Thema Sklaverei interessiert und Abenteuerromane mag, kann hier zugreifen.