Rezension

Ein lebendiger Blick auf die indische Kultur

Zufällig vorherbestimmt -

Zufällig vorherbestimmt
von Sandhya Menon

Inhalt:

Dimple arbeitet an der Verwirklichung ihrer Jugend- und Lebensträume. Ihr großer Traum, an der Stanford University für das Informatikstudium angenommen zu werden, ist in Erfüllung gegangen.

Ihre Eltern hegen unterdessen ihre eigenen Pläne. Denn auch Rishi, der Sohn einer befreundeten Familie, wird die Universität besuchen. Dies befördert die Absicht der Eltern, ihre Tochter endlich mit einem adretten Junggesellen zu verkuppeln.

 

Meinung:

Auf „Zufällig vorherbestimmt“ bin ich im Rahmen einer Buchvorstellung aufmerksam geworden. Besonders angesprochen hat mich der Blick auf den sagenhaften indischen Subkontinent.

Auf den ersten Seiten des Buches lernt der Leser die Protagonistin Dimple kennen. Dimple ist eine sehr eigenwillige, stellenweise auch sture und auf jeden Fall impulsiv handelnde junge Frau, die täglich gegen die traditionell geprägten Vorstellung ihrer Eltern ankämpfen muss. Gerade Dimples Mutter ist im Vergleich zum hierzu geradezu verständnisvoll wirkendem Vater nicht einfach. So verlangt sie von ihrer Tochter, dass diese auf ihr Äußeres achten, sich schminken, die Brille gegen Kontaktlinsen eintauschen und überhaupt auch viel mehr lächeln sollte.

Als Dimple das elterliche Haus verlassen und die Universität besuchen darf, ist sie voller Vorfreude auf das Studium in Stanford. Ein besonderes Highlight stellt für Dimple der Wettbewerb der „Insomnia Con“ dar. In diesem Jahr gilt es eine App zu entwickeln. Den Gewinner erwartet ein Treffen mit Jenny Lindt, die einst eine milliardenschwere Meeting-Space-App nebst Website entwickelt hat und für Dimple ein großes Vorbild darstellt. In Aussicht gestellt wird zudem, dass die legendäre App-Entwicklerin mit dem Gewinner eine Partnerschaft eingehen, dessen App marktreif machen und die Werbung finanzieren wird.

Bereits am ersten Tag trifft Dimple auf Rishi. Dieses erste Treffen verläuft ereignisreich. Denn Rishi ist der Überzeugung, dass seine zukünftige Ehefrau von dem Arrangement der Eltern weiß. Und hier gab es dann auch schon den ersten Kritikpunkt für mich. Denn auf Rishis Ansprache „hallo, zukünftige Ehefrau“, bekommt er auch prompt einen Becher kalten Kaffee ins Gesicht geschüttet. Die Angesprochene schafft hier keinen „Vermittlungsraum“, in dem „unterschiedliche Meinungen“ aufeinanderprallen könnten, sondern rennt gleich darauf weg, nur um sich kurze Zeit später mit einem Zettel zu bewaffnen, mit dem sie den vermeintlichen Stalker „ritzen“ kann.

Dieses Beispiel mag pars pro toto für das weitere Verhalten von Dimple, gerade in Bezug auf Rishi, stehen. Sicherlich war Rishis erste Ansprache etwas forsch. Für mich erschien der Junge jedoch in seinem Handeln stets nachvollziehbar. Immer wieder gibt er sich Mühe, Dimples Aufmerksamkeit zu erlangen. Ja, er stellt sogar seine Wünsche und Träume gegenüber denen seiner Mitmenschen und ganz besonders gegenüber denen seinen Eltern und Dimples hintenan. Ein Verhalten, dass Dimple absolut fern liegt.

Leider fiel es mir schwer, Dimple mit ihrer impulsiven, sturen und oft störrischen Art ins Herz zu schließen. Rishi machte es mir da schon viel einfacher. Der Junge versucht den Wünschen seiner Eltern gerecht zu werden. Die indische Tradition ist ihm wichtig. Doch zugleich wirkt Rishis Charakter auch nicht langweilig. Denn heimlich geht der Junge einer ganz wundervollen Leidenschaft nach: Dem Zeichnen von Comics.

Sandhya Menon gelingt es dem Leser einen kleinen Einblick in die indische Kultur zu vermitteln. So fließen öfters Sätze auf Hindi in die Geschichte ein, die Dimple oder Rishi mit ihren Eltern wechseln. Auch einzelne Begriffe, traditionelle indische Gerichte und kulturelle Elemente wie die von den Eltern arrangierte Ehe, fließen immer wieder in die Geschichte ein.

 

Fazit:

„Zufällig vorherbestimmt“ ist, was das Cover auch spiegelt, ein farbenfroher, humorvoller und lebendiger Blick auf die indische Kultur.

Mit Dimple und Rishi erschafft die Autorin zwei sehr gegensätzliche Charaktere. Nur fehlt es an einer weiblichen Identifikationsfigur, dieser mangelt es auch an Nuancen.

Der bodenständige, verträumte Rishi kommt dagegen sympathisch und sehr lebendig daher.

Das Buch bietet überdies mitreißende Einblicke in die Kultur und Mentalität Indiens und in das, was man sich angewöhnt hat, Generationskonflikt zu nennen.

Interessiert man sich für traditionelle Geschlechterverhältnisse und deren Durchbrechung, dann wird man ebenfalls fündig. Angenehm nimmt sich hier der Verzicht auf Pauschalisierungen aus.

Das alles ist durchaus amüsant und daher eine Leseempfehlung.

 

Buchzitate:

„Schließlich hast du ihr den Platz überlassen“, sagte Rishi. „Obwohl sie dich mit dem Schirm verprügelt hat.“ „Vielleicht auch genau deswegen“, sagte Ma wissend.

Er lächelte, aber wieder so schwach wie eben. Er hatte seinen Schwung verloren. Ihretwegen hatte er seinen Schwung verloren.