Rezension

Ein Märchen mit viel Satire und schwarzen Humor

Die Brautprinzessin. 9 CDs - William Goldmann

Die Brautprinzessin. 9 CDs
von William Goldmann

Bewertet mit 4 Sternen

Der Inhalt wird aus zwei Perspektiven erzählt: Wir lernen erst den etwas chaotischen Autor William Goldman kennen. Als er klein war, hat ihm sein Vater das Märchen Die Brautprinzessin vorgelesen. Das Märchen hat ihn unglaublich begeistert und er hoff, dass diese Begeisterung auch auf seinen Sohn übergehen wird. Doch als er bemerkt, dass sein Sohn so gar nichts mit dem Buch anfangen kann, greift er selbst zu Die Brautprinzessin und muss feststellen, dass sein Vater etwas getrickst hat. Kurzerhand veröffentlicht er eine überarbeitete Version des Märchens.

Wahrscheinlich könnt ihr euch schon denken, worum es in der zweiten Perspektive geht. Wir tauchen nämlich ab in die Geschichte in der Geschichte und hören das Märchen von der Brautprinzessin, wobei es immer wieder Anmerkungen von William Goldman gibt.

Kommen wir also nun zu den Charakteren: Es ist etwas schräg Goldman als Charakter zu bezeichnen, weil mir nicht ganz klar ist, inwiefern sein Vorwort auf einer wahren Begebenheit beruht, oder ob es einfach ein Stilmittel der Geschichte ist, dass wir erstmal den Autor des Märchens kennenlernen. Goldman wirkt auf mich nicht nur chaotisch, sondern auch unglücklich. Es macht den Eindruck, dass er von seiner Familie nicht wirklich verstanden wird und nicht so recht ins Bild passen mag. Doch als er dann Die Brautprinzessin wiederentdeckt, hat er eine neue Aufgabe. Was ich etwas schade fand war, dass Goldman später nur noch als Kommentator auftaucht. Ich hätte es schön gefunden, wenn sich der inhaltliche, imaginäre Kreis wieder mit einem Blick auf sein Leben geschlossen hätte.

Die Protagonistin des Märchens ist Butterblume. Aus ihr bin ich nicht richtig schlau geworden. Zu Beginn der Geschichte wirkte sie wie ein Mädchen, das ihren eigenen Kopf hat und sich nicht vorschreiben lässt, was sie zu tun oder zu lassen hat. Die Eigenschaften, die man mit Mädchen assoziiert, wie beispielsweise das sich herausputzen, geht an Butterblume völlig vorbei. Sie verbringt ihre Zeit viel lieber in der Natur auf dem Rücken ihres Pferdes. Doch schließlich ändert sich ihr Leben von einem Moment au den anderen. Während Butterblume auf mich zuvor sehr wachsam wirkte, bekam sie plötzlich einen naiven Charakterzug, den ich nicht so ganz  nachvollziehen konnte. Allerdings glaube ich, dass es dem Stilmittel des satirischen Märchens geschuldet ist und nicht daran liegt, dass ihre Eigenschaften nicht gut herausgearbeitet wurden. 

Wirklich gut gefallen haben mir hier die Nebencharaktere, die für tolle wiederkehrende lustige Situationen sorgen. Das hat viel damit zu tun, dass es sich bei ihnen um Stereotypen handelt, wie z.B. der Held, der unbedingt zum Helden werden möchte, obwohl er immer wieder an Kleinigkeiten scheitert; der treue Diener des selbst ernannten Heldes, der aber selbst keine Orientierung hat und jemanden braucht, der ihm sagt, was er zu tun hat. Gemeinsam scheinen die beiden aber gut zusammenzupassen.

Bei der Hörbuch Gestaltung fiel mir aus mehreren Gründen auf, dass es sich hierbei um eine ältere Produktion handelt. (Umso mehr freut es mich, dass es das Hörbuch nach wie vor im Buchhandel zu kaufen gibt. Das spricht wohl für die Qualität der Geschichte). Zum einen fehlten beim Hörbuch das In- und das Outro. Wir wurden nicht über den Titel, den Autor oder die Sprecher der Geschichte informiert. Besonders schlimm fand ich es nicht, weil sich diese Informationen leicht recherchieren lassen. Dennoch war es gerade beim Ende etwas ungewohnt, dass die Geschichte so abrupt abbrach und es kein Outro gab, was das Ganze abrundete.

Zum anderen ist das Hörbuch, verglichen mit der Laufzeit der Geschichte, verhältnismäßig teuer. Ich habe den Eindruck, dass sich die Preise für Hörbücher erst in den letzten Jahren an die Preise der Printbücher anpassen und somit inzwischen einen einheitlichen Preis haben.

Mir wurde das Alter der Geschichte aufgrund von Bela Bs. Stimmfarbe bewusst. Zuerst sollte ich vielleicht erwähnen, dass die beiden Perspektiven von unterschiedlichen Sprechern gelesen werden: Bela B., den viele von euch wahrscheinlich ausschließlich als Musiker von der Band Die Ärzte kennen, schlüpft hier in die Rolle von William Goldman. Er hat eine schnelle Lesegeschwindigkeit, las mir aber zu monoton. Außerdem hatte ich Mühe, seine doch recht dünne Stimmfarbe mit dem Sänger der Ärzte in Verbindung zu bringen. Niemals hätte ich gedacht, dass sich Stimmen über so viele Jahre ändern können, zumal er, als das Hörbuch aufgenommen wurde, bereits erwachsen war und die Stimmbruch-Komponente wegfällt. Nach einer Weile befürchtete ich, dass ich so meine Probleme bekommen würde, wenn er das Hörbuch alleine liest.

Doch als wir dann die Geschichte der Brautprinzessin kennenlernen, tritt Jochen Malmsheimer als Sprecher auf. Er hat eine tiefe Stimme und eine eindrückliche Stimmfarbe, die für mich einen Wiedererkennungswert hat. Er hat es geschafft, den ironisch, satirischen Schreibstil zu transportieren und die Charaktere lebendig werden zu lassen. Oft musste ich lachen, weil der Witz von bestimmten Szenen bei mir ankam. Während mich Bela B. zu Beginn nicht packen konnte, passten seine Kommentare wunderbar in die Geschichte. Beide Stimmfarben ergänzten sich gut und sorgten so für ein tolles Hörerlebnis.

William Goldman hat mich aufgrund seines Schreibstils fasziniert. Er lässt sich selbst in der Rolle des allwissenden Erzählers auftreten, ohne uns zu viel von der Geschichte zu verraten. Dennoch ist uns durch seine Kommentare bewusst, dass er eben einen Überblick über das große Ganze hat. Hier und da nimmt er zwar Handlung vorweg, allerdings finden wir dann immer im Verlauf der Geschichte heraus, dass es nicht ganz so schlimm ist, wie befürchtet.

Was mir am Schreibstil sehr gut gefallen hat, waren die Dialoge: Hier kommt es ständig zu Missverständnissen, was das Ganze wirklich unterhaltsam macht und für lustige Situationen sorgt, mit denen ich nicht gerechnet habe.

 

Gesamteindruck 

Das Hörbuch ist eine sehr unterhaltsame Geschichte für alle, die nicht nach einem typischen Märchen suchen, sondern offen dafür sind, wenn das Genre etwas auf die Schippe genommen wird. Hier und da fehlte mir zwar etwas die Abrundung der Geschichte, aber dennoch bringt sie einiges an skurriler Handlung mit, die mich stellenweise an Douglas Adams Per Anhalter durch die Galaxis erinnerte.