Rezension

Ein mehr als würdiger Nachfolger von "All die verdammt perfekten Tage"

Stell dir vor, dass ich dich liebe - Jennifer Niven

Stell dir vor, dass ich dich liebe
von Jennifer Niven

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Seit dem Tod ihrer Mutter vor ein paar Jahren ist in Libbys Leben nichts mehr wie es war. Denn kurz nach diesem schlimmen Ereigenis hat sie begonnen zu essen - und nicht wieder aufgehört. So lange, bis sie mit einem Kran aus dem eigenen Haus befreit werden musste, weil sie nicht mehr durch die Haustür passte. Nach langem Klinikaufenthalt und anschließendem Unterricht Zuhause, geht Libby nun drei Jahre später endlich wieder zurück zur High School - noch immer stark übergewichtig, aber mit einer großen Portion Lebensfreude, Selbstbewusstsein und dem festen Vorhaben, sich von nichts und niemandem unterkriegen zu lassen.

Jack ist gesichtsblind - und niemand weiß davon. Durch eine Maske aus Coolness, Überheblichkeit und Arroganz gelingt es ihm, zu verstecken, dass er keine Gesichter wiedererkennen kann, auch wenn er hin und wieder mal die Falsche küsst. Doch dann begegnet er Libby, die sich vor nichts und niemandem versteckt, ihn immer wieder herausfordert und sich nicht von seinem ewigen Lächeln blenden und mit fadenscheinigen Entschuldigungen abspeisen lässt. Zum ersten Mal in seinem Leben hat Jack das Gefühl, offen sein zu können und jemandem zu begegnen, der hinter seine Fassade blickt und mehr in ihm sieht. Aber Libby war noch vor ein paar Monaten Amerikas fettester Teenager und wird auch auf der High School schnell Opfer von Mobbingattacken. Mit so jemandem befreundet sein? Sozialer Selbstmord! Und gerade Jack kann es sich wirklich nicht leisten, dass sein guter Ruf den Bach runter geht...

 

Meine Meinung:

Libby und Jack sind zwei bezaubernde Charaktere, die ich schon nach den ersten Seiten ins Herz geschlossen habe, und auch die Nebenfiguren sind sehr gelungen und liebenswert. Die Geschichte liest sich flüssig runter und ich konnte sie kaum aus der Hand legen. Die Kapitel sind abwechselnd aus Jacks und Libbys Sicht geschrieben und triefen vor herrlich amüsanten Szenen - ich musste an vielen Stellen lauthals lachen. Doch der Roman ist auch ernst. Er befasst sich sehr intensiv mit der neurologischen Störung Prosopagnosie, dem Phänomen von Übergewichtigkeit und Mobbing in der Schule. "Stell dir vor, dass ich Dich liebe" erinnert immer wieder daran, wie wichtig es ist, Menschen nicht voreilig zu beurteilen, sondern hinter die Fassade zu blicken und das große Ganze zu erfassen - um es in Jennifer Nivens Worten auszudrücken: Man muss die Haut eines anderen Menschen anziehen und eine Weile darin herumlaufen, um zu verstehen, was in ihm vorgeht. Schöne Figuren, schöne Geschichte, schöne Botschaft!