Rezension

Ein Meisterwerk

Der Wolkenatlas - David Mitchell

Der Wolkenatlas
von David Mitchell

Bewertet mit 4 Sternen

Ein amerikanischer Notar der 1850 einen Auftrag am anderen Ende der Welt hat. Ein Komponist, der 1931 vor seinen Gläubigern nach Belgien flieht. Eine Journalisten, die 1975 einen Skandal um einen Atomreaktor aufklären möchte. Ein Verleger, der in der heutigen Zeit in ein Altenheim kommt. Ein Klon, der in einer fernen Zukunft angeklagt wird und ein Ziegenhirt, der in einer noch weit entfernteren Zukunft am Feuer seine Geschichte erzählt.
Ein Querschnitt durch die Jahrtausende. Aber was ist die Verbindung?

Das Cover gefällt mir sehr gut. Denn obwohl es recht unruhig wirkt, passt es einfach zur Geschichte.
Dieses Buch ist etwas ganz besonderes. David Mitchell hat einen tollen Erzählstil und passt seine Erzählweise grandios der jeweiligen Zeit und dem jeweiligen Erzähler an.
Sei es Adam, der natürlich 1850 noch ganz anders geschrieben hat als der Verleger erzählen würde. Oder auch Zachry, der alles in einer sehr einfachen Sprache erzählt.
Alles klingt wirklich, als würde jemand anders die Geschichte erzählen. Ich habe es geliebt, die Verbindungen dieser Geschichten zu entdecken. Und sehr oft tat sich immer noch eine neue Verbindung zur Vorgängergeschichte auf. Diese leichten Verwebungen hat David Mitchell ganz wunderbar hinbekommen.
Allerdings war es auch nicht immer leicht, diese unterschiedlichen Erzählweisen zu lesen und zu verstehen. Besonders Zachry hat mir beim Lesen etwas Schwierigkeiten bereitet, weil dieser Text so geschrieben ist, wie er spricht.
Dazu kommt, dass David Mitchell sehr plastisch erzählen kann, sodass diese unterschiedlichen Welten vor meinem geistigen Auge ganz einfach entstehen konnten.
In der ersten Runde, endet jede Geschichte erstmal unvollendet und die nächste offenbart ein klein wenig von der vorangegangenen. Und dann rollt der Autor alles nochmal von hinten auf und man erfährt alles und kann sich dieses komplexe Bild zusammensetzen.
Die Charaktere sind wie die Geschichten, mal nett und mal weniger nett. Aber meistens handeln sie nicht Ichbezogen, sondern freigebig.
Obwohl das Thema dem der Roman zugrunde liegt nicht sehr hoffnungsvoll ist, denn es geht viel um Macht und wie die Menschen mit dieser umgehen bzw. sie einsetzen und wie sie diese verdirbt. Nicht unbedingt die Protagonisten, sondern eher die anderen Personen, aber sie ist ein großer Bestandteil der Erzählungen.
Am meisten hat mich Somni, der Klon, beeindruckt. Ihre Geschichte ist ein Protokoll, das nach ihrer Gefangennahme für die Archive aufgenommen wurde.
Sie zeigt, was ein Mensch leisten kann um einmal Freiheit erleben zu können. Eine wirklich beeindruckende Persönlichkeit, die aus diesem tollen Buch noch heraussticht.
Einziges Manko fand ich, dass mir leider so gar nicht klar geworden ist, wie der Wolkenatlas, ein Musikstück, in dieser Geschichten passt. Klar wird er erwähnt, aber warum er so wichtig ist, das er sogar titelgebend ist, wurde nicht ersichtlich.

Mein Fazit: Ein Meisterwerk der Erzählkunst. David Mitchell hat mit Der Wolkenatlas einen großartigen Roman geschaffen, der einen quer durch die Jahrtausende rasen lässt. Mit viel Liebe zum Detail und zu den verschiedenen Zeiten, erlebt man jede Geschichte anders. Und auch wenn man vielleicht denkt, man könnte sie einzeln lesen, ergibt sich erst mit allen Teilen ein Gesamtbild. Wirklich empfehlenswert!