Rezension

Ein Meisterwerk!

Eine Ahnung von Pan -

Eine Ahnung von Pan
von Jobst Mahrenholz

„Eine Ahnung von Pan“ besteht im Grunde genommen aus zwei Geschichten, wobei die beiden so miteinander verflochten sind, dass die eine ohne die andere nicht mehr vorzustellen ist. Zum einen die, die gelebt wird – vom Ich-Erzähler und Zino, zum anderen die, die der Erzähler schreibt – von Peer und Lasse. Zwei wundervolle Geschichten, voller leiser Gefühle, die eher angedeutet als beschrieben werden, aber beim Leser mit voller Kraft ankommen.

Es sind vor allem die Figuren, die diesen Roman ausmachen. Es sind Charaktere, die die Handlung vorantreiben, so wie es in einem guten Roman auch sein muss. Allesamt Figuren, die man im realen Leben kennen lernen möchte.

Zum einen ist es der Ich-Erzähler, Ingar Pirandello, ein Schriftsteller, der auf der Suche eines Teils seiner Identität ist, „nebenbei“ an einem Roman arbeitet und zum Schluss etwas viel Wertvolleres entdeckt. Der Erzähler, dem man unendlich lange lauschen möchte. Denn das, was er zu erzählen hat, und die Art, wie er das tut, sind fabelhaft!

Dann ist es Zino, der hinkende, verfilzte Ziegenhirte, der im Laufe des Romans nicht nur seine dramatische Geschichte offenbart, nach und nach, sondern auch seine innere Welt zum Vorschein bringt. In kurzen Sätzen, die voller Philosophie sind. Einfach und zugleich so weise! Seine rätselhafte Seite bezaubert gleich am Anfang der Geschichte, sein inneres Universum verblüfft und versetzt ins Staunen bis zur letzten Seite.

Maria Carissi, eine italienische Großmutter, eine Frau, die von der ersten Szene den Leser für sich gewinnt – mit ihrer Art zu sprechen – manchmal philosophisch-nachdenklich, manchmal mit Humor, auch Ironie ist ihr nicht fremd. Doch was auch immer sie sagt und tut, sie bleibt immer sympathisch. Erst recht, wenn man ihre Geschichte erfährt.

Erwähnenswert und bemerkenswert ist der Schreibstil des Autors. Wenn man einmal im Lesefluss ist, kommt man da nicht mehr raus. Der Text ist flüssig und schlicht. Knappe und prägnante Sätze, kurze aber einprägsame Szenen, ohne überflüssige Worte, ausschweifende Beschreibungen. Alles dient dem Zweck, alles dient der Geschichte. Es scheint keinen einzigen Satz zu geben, der die Seiten füllen soll. Keiner der Figuren fällt eine Phrase, die kein Gewicht im Ganzen hätte.

Ich habe mich in diese Geschichte verliebt. In diesen Pan und das Drama, das er stoisch in sich herumträgt. In Maria Carissi, keine Frau vieler Worte, manchmal ein wenig hart, aber bewundernswert für ihre Denkweise und die Kraft, die sie vorzeigt, trotz all der Schicksalsschläge. In Ingar Pirandello, der in Italien viel mehr findet, als das Vermächtnis seines Vaters. Und natürlich in die Kunst, die Jobst Mahrenholz schafft. Ein Werk, das einen auch nach dem Lesen beschäftigt, über das man nachdenkt, das man sicherlich nicht nur (ein-)mal durchlesen sollte.