Rezension

Ein Meisterwerk für Bibliophile!

Papyrus -

Papyrus
von Irene Vallejo

Bewertet mit 5 Sternen

"Papyrus" von Irene Vallejo hat aus zwei Gründen sogleich mein Interesse geweckt: Zum einen liebe ich Bücher über Bücher. Zum anderen besticht das Werk durch ein traumhaft schönes Cover. Dennoch war ich skeptisch, ob ich mich auf die Lektüre des umfangreichen Werkes einlassen sollte. Würde mich dieses Sachbuch über die Geschichte der (antiken) Welt vermittelt über die parallel erzählte Entstehungsgeschichte des Buches begeistern können? Sollte ich mich auf das Wagnis der Lektüre einlassen? Es heißt, wer nicht wagt, der auch nicht gewinnt. Daher beschloss ich, mich auf die Entdeckungsreise zu begeben und schon bald versank ich in Vallejos meisterhaft erzählten und brilliant recherchierten Werk. Sehr schnell war ich höchst fasziniert, denn so viel Wissenswertes und Überraschendes gab es zu entdecken. Vergleichbares hatte ich bis dato noch nicht gelesen. "Papyrus" ist eine wahre Fundgrube, ein wertvoller Schatz, der darauf wartet, von Bibliophilen gehoben zu werden. Es versteht sich von selbst, dass ich den konkreten Inhalt dieser Schatztruhe hier nicht in allen Details verraten kann. Ist es nicht wichtig, dass jeder bibliophile Abenteurer sich selbst auf die Reise begibt? Und ist es nicht Teil des Abenteuers, den Schatz eigenständig und ohne fremde Hilfe zu heben? Erlaubt ist allerhöchtens ein kleiner "Lockruf", um den bibliophilen Entdeckungsreisenden dazu zu motivieren, seine bequeme Komfortzone zu verlassen und selbst die Schatztruhe zu heben, um den wertvollen Inhalt zu durchstöbern. 

Was also packte Vallejo in die begehrte Schatzkiste? Es sind vor allem zahlreiche Reliquien aus der Antike darin. Enthalten sind seltene Hinweise, warum Alexander der Große etwa vermeintlich mit einer Illias zu Bett ging und warum er als Vorbote der Globalisierung gilt. Enthalten sind aber auch zahlreiche Informationen über die Urform des Buches: den Papyrus und Einblicke in Techniken, wie dieser vor dem Vergessen bewahrt werden sollte. Fundstücke aus weit zurückliegenden Zeiten sollen wohl ermöglichen beispielsweise die Lieblingsbücher der damaligen Zeit zu benennen. Die Schatztruhe enthält detaillierte Informationen über die vielen Facetten der Entstehung und Entwicklung der Buckkunst. Selbst das Geheimnis rund um die Frage, wer die Autorenschaft begründete und erstmalig einen Papyrus mit Namen versah, wird gelüftet. Delikat sind auch Hinweise auf Mordtechniken, die mittels des Buches ausgeübt werden können. Der Inhalt der Truhe ist wirklich vielgestaltig und außerordentlich wertvoll. Indem man über diesen Schatz verfügt, wird man befähigt, die Entstehung und Entwicklung der Buchgeschichte nachvollziehen zu können; es gibt Bezüge bis in die Gegenwart hinein. Überraschende aber stichhaltige Beweise dafür, dass (vermeintlich) recht neue Errungenschaften im Kontext der Kuklturwissenschaften eine weit längere Historie haben, sind ebenfalls enthalten. Es gibt so vieles zu entdecken für den, der sich auf die Entdeckungsreise begibt. Für seine Anstrengungen wird der bibliophile Abenteurer reich belohnt werden. Das reicht noch nicht, um dem Lockruf zu folgen?

Dann folgt hier noch ein kurzer Einblick im Orginalton:

"Die Leidenschaft des Büchersammlers gleicht der eines Reisenden. Jede Bibliothek ist eine Reise; jedes Buch ist ein Fahrschein mit unbegrenzter Gültigkeit. Alexander zog durch Afrika und Asien, ohne sich von seinem Exemplar der Illias zu trennen; Historikern zufolge suchte er darin Rat und nährte seine Sehnsucht nach höherer Bedeutung. Die Lektüre eröffnete ihm, wie ein Kompass, Wege ins Unbekannte" (51)

Und genau das leisten Bücher: Sie eröffnen uns Einblicke in neue, unbekannte Welten und zwar ohne dass wir den Ort, an dem wir uns befinden, verlassen müssen. 

Auch Vallejo nimmt bibliophile LeserInnen gerne mit auf die Reise. Folgt ihrer Einladung, denn ihr Werk ist allemal eine Entdeckung wert: brilliant geschrieben, sachlich sehr gut recherchiert. Mit viel Umsicht vermittelt Vallejo Einblicke in sehr komplexe Themen. Fast wünschte man, diese faszinierende Entdeckungsreise möge nie enden, doch zufrieden kehrt man nach weit über 600 Seiten heim. Mit einem Lächeln im Gesicht erfreut man sich, dass man selbst Teil einer solchen, unglaublich bereichernden Buchwelt sein darf.

Jedem Bibliophilen kann ich die Lektüre nur wärmstens empfehlen.