Rezension

Ein merkwürdiger Titel, aber eine bemerkenswerte Frau.

Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier - Temple Grandin

Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier
von Temple Grandin

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ohne Vorkennntnis aus einer Fernsehsendung, wäre mir dieses Buch, geschweige denn die Autorin niemals in die Finger geraten. In dieser Sendung ging es um die tierfreundlichere Gestaltung von Schlachthöfen und Temple Grandin trat als akademische Expertin auf. Das Außergewöhnliche ist, dass sie Autistin ist und eine komplett andere Herangehensweise für die Umgestaltung der Höfe hat. Sie fühlt und denkt wie ein Tier und dient damit als "Dolmetscherin" zwischen Mensch und Tier.

Ich erwartete mit diesem Buch, dessen Cover Grandin mit ein paar Rindern zeigt, eine Abhandlung über die bessere Haltung und humanere Schlachtung von Nutztieren, hauptsächlich Rindern. Bekommen aber habe ich einen beeindruckenden Einblick in das "Seelenleben" der Tiere, ihre Sichtweise auf die Umgebung und einen erstaunlichen Zusammenhang für die Verarbeitung von Sinneseindrücken bei Tieren und Autisten. Sie weitet ihre Erkenntnisse auch auf Haus- und Wildtiere aus und berichtet von zahlreichen Problemen mit Mensch und Tier, zu dessen Behebung sie beitragen konnte, weil sie Dinge einfach anders wahrnimmt. Temple Grandin selbst behauptet sogar, dass Autisten bei manchen Hirnfunktionen dem Tier ähnlicher sind als dem Menschen.

Im siebten und letzten Kapitel im Buch, "Geniale Tiere: Unglaubliche Begabungen" gibt es noch mal einen ordentlichen Denkanstoß, warum Tiere uns nicht unterlegen sind, was sie können und für uns auch tun, wie sich Mensch und Hund gemeinsam entwickelt haben und wenn wir schon Tiere züchten und schlachten, dies doch bitte auf die denkbar angenehmste Weise für die Tiere tun sollten.

Temple Grandin ist eine wirklich beeindruckende Frau und was sie uns über Tiere erzählt, sollte uns wichtig sein und was sie uns über Autismus preisgibt sollten wir das nächste Mal, wenn wir einem Autisten begegnen, nicht vergessen haben. Die Co-Autorin Johnson hat übrigens zwei autistische Kinder und ist Grandin dankbar für diese Zusammenarbeit, bei der auch sie für ihre Kinder dazulernen konnte.

Ein Buch ohne Schnörkel und Gefühlsduseleien. Ich habe es sehr gern gelesen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 28. August 2018 um 22:05

Ich habe den Film gesehen. Er war grandios! Aber: die Tiere taten mir so leid. Und auch wenn die Temple die Bedingungen der Tiere bisschen verbessert hat, ist es einfach menschenunwürdig, was Menschen mit Tieren so alles anstellen. Ein Mensch ist kein Mensch, solange er Tiere nicht anständig behandelt, aufhört, sie zu töten und auszubeuten, wo immer es geht. Das fängt schon damit an, dass man kleinen Kindern erlaubt, Kaulquappen aus den Tümpeln zu nehmen. Sie müssten in den exakt gleichen Tümpel zurückgetan werden, wo man sie herausgenommen hat. Oder Enten füttert. Oder Schwäne. "Das macht den Kleinen doch solchen Spaß". Nebbich.

Emswashed kommentierte am 30. August 2018 um 15:57

Ich denke auch, dass es in Sachen Tierschutz und Verständnis für ALLE Tiere noch einiges zu tun gibt.