Rezension

Ein modernes düsteres Märchen 

Immernacht - Ross Mackenzie

Immernacht
von Ross Mackenzie

Bewertet mit 4 Sternen

Zum Inhalt:
Larabelle Fox ist ein Waisenmädchen, das in der Kanalisation der Stadt als Tosherin Gegenstände sucht und diese beim Trödelladen zu Geld macht. Eines Tages findet sie in den Abwässern ein Kästchen aus Holz, welches die mächtigste Magierin und Beraterin des Königs, Mrs Hester, begehrt. Fortan befindet sich Larabelle in konstanter Gefahr, denn Mrs. Hester lässt einen gefährlichen seelensaugenden Dschinn, den Schattenjack, los, um dieses Kästchen zu suchen. Denn darin befindet sich ein mächtiger Zauber, der die ewige Dunkelheit, die Immernacht, wieder bändigen kann, die Mrs. Hesters über das Königreich entfesselt hat. Die Magierin hat damit auf die alleinige Herrschaft abgesehen und erhofft sich, mit der dunklen Armee der Bemalten, sich aller Hexen und Magier entledigen zu können. Dabei hat sie aber nicht mit Larabelles Fähigkeiten gerechnet. Mit Schattenjack dicht auf den Fersen begibt sich Lara auf die Flucht und damit auf ein unglaubliches Abenteuer, um die Welt zu retten, und verbirgt so einige Überraschungen...

Meine Leseerfahrung:
Als Fantasyfan mag ich ausgefallene Bücher über Magie, Hexen und andere phantastische Dinge und Wesen. "Immernacht" von Ross Mackenzie ist ein Jugendbuch für Leser/-innen ab 11 Jahren. Daher war meine Erwartung nicht allzu hoch, was die Stimmung und die Spannung anbelangt. Zumindest hatte ich "nur" auf eine harmlose Kindergeschichte mit netten Charakteren und einem halbwegs interessanten Plot gehofft. Ich wurde aber eines Besseren belehrt. Im Buch dominiert durchgehend eine düstere Atmosphäre und es sind genug grausam brutale Szenen enthalten, weswegen ich dieses Buch ganz sicher keinem 11-Jährigen in die Hand drücken würde.

Es wird ohne Überlängen erzählt, der Autor kommt meist sofort zum Punkt. Die einzelnen Kapitel sind daher recht kurz und bündig gehalten. Wenn es kein Kinderbuch wäre, hätte die Story jedoch genug zu bieten für einen dicken Fantasyroman mit Nachfolgebänden. Dabei ist die geistige Kreativität des Autors absolut lobenswert. Zum Einen sind die kleinen Dinge, die detailliert beschrieben werden, meist schon bemerkenswert, wie zum Beispiel Zauberstäbe mit Kammern, die wie Pistolen mit Magie in kleinen Fläschchen geladen werden. Sich sowas vorzustellen, war schon ein Genuss. Zum Anderen fand ich die Figuren sehr gut ausgearbeitet. Der Schattenjack, ein seelenverschlingender Dschinn mit seiner angsteinflößenden grausamen Art, die weißen Magier, deren Seelen Mrs. Hester gefangen hält, und die Bemalten, eine Armee der Finsternis, die mich ein wenig an die weißen Wanderer der GoT-Reihe erinnerte (Sie verwandeln die Menschen, auf die sie treffen, in gefühlslose Kreaturen, die ihrer Armee beitreten.), sind allesamt hervorragend inszenierte Figuren, die sich wunderbar in das Setting integrieren. 

Dennoch war mir die Geschichte stellenweise zu schnell erzählt und mit viel zu gewalttätigen Momenten bespickt, die mich persönlich sehr verwundert haben, da es nunmal als Kinderbuch deklariert wird. Ich würde das Lesealter eher auf 14 Jahre setzen. 

Fazit:
Wer Fantasy und neumoderne Märchen liebt, dürfte vom Ideenreichtum im "Immernacht" fasziniert sein. Ross Mackenzie entführt uns in eine Welt voller Magie und Düsternis und schafft es, mit seiner kurzweilig erzählten Geschichte uns in den Bann zu ziehen. Wenn auch nicht wirklich für Kinder geeignet, ist sie doch zumindest sehr lesenswert für Fantasy-Fans.