Rezension

Ein modernes und skurriles Märchen das für hochkarätige Unterhaltung sorgt.

Töte mich - Amélie Nothomb

Töte mich
von Amélie Nothomb

Graf Neville hat Anlass zur Sorge um seine siebzehnjährige Tochter Sérieuse. Nachdem das Mädchen die Nacht im Wald verbrachte wurde sie von einer Wahrsagerin gefunden und in Obhut genommen. Als Graf Neville seine Tochter abholt, wird ihm prophezeit, dass er auf seiner Garden Party einen Menschen ermorden wird. Die schreckliche Vorstellung auf seiner letzten Party im Château du Pluvier einen solchen Fauxpas zu begehen bereitet dem Grafen Kopfzerbrechen, bis schließlich Sérieuse ihn davon überzeugt das perfekte Opfer zu sein.

Amélie Nothombs neuster Roman „Töte mich“ zieht schon alleine durch seinen provokanten Titel die Blicke auf sich (welcher meiner Meinung nach auch perfekt zum Inhalt der Geschichte passt).

Im Mittelpunkt der Szenerie steht die schrullige Adelsfamilie um den Grafen Henri Neville und seine Frau Alexandra. Gemeinsam haben sie drei Kinder, den ältesten Sohn und die älteste Tochter haben sie Oreste und Électre genannt, ihre jüngste Tochter trägt den Namen Sérieuse. Bedenkt man die Herkunft der Namen aus der griechischen Mythologie erschließt sich einem auch gleich, warum Henri und Alexandra Neville ihre jüngste Tochter nicht nach Iphigenie benannten. Die gewagte Mischung aus Mythologie, Moderne und dem hochtrabenden Gebaren der adeligen Oberschicht sorgt für ein eindrucksvolles Setting.

"Das einzige seiner Kinder, in dem er sich wiederfand, war die schweigsame linkische Sérieuse, die sich so unwohl fühlte in ihrer Haut." (Töte mich, Seite 17)

Genau wie Agamemnon kann auch der Graf seinem Schicksal nicht entfliehen. Durch die Prophezeiung der Wahrsagerin, die besagt dass er auf seiner nächsten Party jemanden ermorden wird, nimmt die Story deutlich Fahrt auf. Der Graf zerbricht sich über die anstehende Garden Party den Kopf, die er als erfahrener und etikettentreuer Gastgeber auf keinen Fall absagen will, schon aus dem Grund dass es sein letztes Fest im Château du Pluvier sein wird ist dies vollkommen ausgeschlossen. Welche Optionen bieten sich ihm? Wen wird die Prophezeiung ereilen? Wen soll er als Opfer erwählen?

"Das Vorhaben, das Neville am Morgen noch so berauscht hatte, erschien ihm schon am Nachmittag zweifelhaft." (Töte mich, Seite 54)

Das temporeiche Zwiegespräch zwischen Vater und der Tochter Sérieuse bildet das Herzstück des Romans. Die skurrile Situation die sich durch den Opferwunsch der Tochter und die moralischen Bedenken des Vaters ergeben sorgen für einen leserlichen Hochgenuss. Eine zusätzliche Portion schwarzen Humors sorgt für den einnehmenden Charme der Geschichte.

Amélie Nothomb hat in „Töte mich“ ihre schriftstellerische Originalität und Einzigartigkeit unter Beweis gestellt. Ich habe wirklich jede einzelne Seite dieser einfallsreichen und kreativen Komposition genossen.