Rezension

Ein Mord bleibt ein Mord - auch am heiligen Ort. Vergnüglicher Lesespass.

Gnadenort - Anton Leiss-Huber

Gnadenort
von Anton Leiss-Huber

Bewertet mit 5 Sternen

Altöttinger Mord-Impressionen.

Mit Leib und Seele heimgekehrt nach Mühldorf war der Oberkommissar Max Kramer, hatte seine Zelte in München abgebrochen und war zurück im beschaulichen Altötting, dem Ort, der den krönenden Höhepunkt vieler Pilgerreisen bildet und den Gläubigen eine andachtsvolle, geruhsame Atmosphäre bietet, die zur gemeinsamen inneren Einkehr und Zwiesprache mit Gott einlädt. Aber – der Himmel ist Zeuge – von Ruhe und innerer Einkehr konnte nun überhaupt keine Rede sein, weil der Bichler-Wirt tot in der Kirche lag und dadurch weitaus mehr Probleme machte als er's schon im lebendigen Zustand vermocht hatte. Außerdem traf Max auf seine ehemalige Jugendliebe Vevi Unterprammer, die allerdings jetzt in ein schwarzes Habit gekleidet als Maria Evita zu den Novizinnen ins Kloster eingetreten war. Was allerdings nicht hieß, dass die Vergangenheit keine Bedeutung mehr hatte. Im Gegenteil, es knisterte sogar noch recht hörbar zwischen den beiden, und der Max schätzte Marias Hilfe bei der Ermittlungsarbeit nicht nur, weil sie sich mit den „heiligen und unheiligen Bürgern“ in seiner Heimatstadt so gut auskannte. Als nun die Recherchen in der Stiftskirche unmissverständlich daraufhin deuteten, dass hier am Bichler ein eiskalter Mord verübt worden war, schlug diese Erkenntnis im ehrwürdigen Wallfahrtsörtchen Altötting ein wie der Fuchs im Hühnerstall. Im Handumdrehen entstand ein Kreis verdächtiger Bürger, deren verlogen-scheinheilige Glaubwürdigkeit doch recht massiv erschüttert wurde. Und nicht nur in der Gegenwart ging alles drunter und drüber, auch in den Kellern der Vergangenheit schienen einige Leichen verborgen zu sein, die der liebenswerte, bayrische Gesetzesvertreter Max mit seinem Dickschädel und der Hilfe von Vevis christlich gelenkten, weiblichen Intuitionen ans Licht der Gerechtigkeit holte.

Mit diesem Debütroman hat der Autor Anton Leiss-Huber eine wunderbare „christlich-kriminalistische“ Story abgeliefert. Auf der Bühne eines anheimelnden, urbayrischen Wallfahrtsortes wie Altötting lässt er ein ganzes Ensemble Schauspieler ein wunderbares Theaterstück aufführen, das den Leser durch seine authentische, bunte Vielfalt überzeugt. Jede einzelne Rolle ist exzellent besetzt, die Protagonisten liefern sich einen kurzweiligen, spannenden und regional so gut erkennbaren Schlagabtausch, dass man wirklich seine Freude an diesem Repertoire haben kann.

Schwierig vorauszusehen aber absolut logisch nachvollziehbar steuert die ganze Sache ohne Verlust ihres Spannungsbogens auf das Ende dieser außergewöhnlichen oberbayrischen Geschichte zu und lässt mich als zufriedenen Leser zurück.

Mag sein, dass sich die Madonna in der Stiftskirche bei manchen Ausführungen den Zipfel ihres Mantels vor die Augen hält, wenn's mal wieder einen Seitenhieb auf die Geistlichkeit gibt – es sei allerdings anzumerken, dass es im Buch nicht um mangelnde Gottesfürchtigkeit geht – hier wird nur „das Personal“ gerügt.

"Gnadenort" ist ein flotter Regional-Krimi, ein spannendes, unterhaltsames Lesevergnügen, dessen Autor Anton Leiss-Huber sicherlich die Lizenz zum Weiterschreiben besitzt.