Rezension

Ein Mosaik verschiedener Eindrücke

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
von Alena Schröder

Bewertet mit 4 Sternen

Eine angenehm zu lesende Geschichte mit vielen Einblicken, die – wie der Titel es vormacht – zu einem Mosaik zusammengesetzt werden können.

Ich hätte es mir denken können als ich den Titel las – der hat mich ja eigentlich auch erst auf das Buch aufmerksam gemacht: diese Geschichte ist kein typischer Roman über das 20. Jahrhundert und den Nationalsozialismus. Wie der Titel – der etwas zu sperrig ist, um übersehen zu werden – lässt die Geschichte immer wieder kurze Einblicke zu, die auffallen, aber nicht sofort zu erfassen sind, in Summe jedoch ein zu lösendes Rätsel ergeben. Die Erzählung greift sich immer wieder ein malerisches und literarisches Bild heraus, das vielleicht hin und wieder etwas zu abgegriffen ist, und beschreibt damit Geschehnisse und die Charakteristiken einer Zeit. Der Roman bekommt so eine klare Linie, eine Identität mit der er sich von anderen Büchern abhebt – besonders von anderen Büchern desselben Genres und Themas. Gerade auch der Erzählstil wirkte auf mich sehr modern und ironisch für eine historische Familiensaga. Eine Überraschung für mich und ein Pluspunkt für das Buch.

Die Geschichte mit dem ungewöhnlichen Titel erzählt von dem Leben vierer Frauen über vier Generationen hinweg. Die Perspektiven springen recht schnell zwischen ihnen hin und her und es war spannend zu lesen, wie unterschiedlich die Frauen einander beschreiben. Präsentiert ein Buch meist nur eine Darstellung, Charakterisierung einer Person, bekommt man als Leser hier mehrere präsentiert und muss sich selbst die Mühe machen daraus ein Bild zusammenzusetzen und sich eine Meinung zur Person zu bilden. In diesem Kontext spielt ein weiteres wichtiges Thema des Buches eine Rolle: Mutter-Tochter-Beziehungen – sie werden in dieser Geschichte genau seziert und aus unterschiedlichen Blickwinkeln unter die Lupe genommen.

Darüber werden andere Thema teilweise zurückgedrängt. Etwa der Kunstraub der Nationalsozialisten, der hier in diesem Buch lediglich den Handlungsrahmen für andere Themen bildet, die die Autorin scheinbar dringender ansprechen wollte. Das kann man jetzt so oder so sehen. Mir persönlich hat die Ausrichtung, weg von den historischen Aspekten, hin zu zwischenmenschlichen und sozialen Überlegungen gut gefallen. Vielleicht vertritt das Buch hier etwas resolut seine Meinung, doch es erlaubt den Lesern trotzdem noch eigene Schlüsse zu ziehen. Letztendlich liefert der Roman eine angenehm zu lesende Geschichte mit vielen Einblicken, die – wie der Titel es vormacht – zu einem Mosaik zusammengesetzt werden können, das Raum für eigene Gedanken lässt.