Rezension

Ein nachdenkliches Gute-Laune-Buch

Kölsch & Spätzle
von Anette Judersleben

Bewertet mit 4.5 Sternen

Das kommt davon, wenn man den Klappentext nicht aufmerksam liest. Ich war nach den ersten Zeilen davon ausgegangen, dass ich einen Krimi in der Hand habe. Florian Wenzel, der coole Kölner Kommissar, bekommt einen neuen Partner namens Frank Scheuerle. Das ist ausgerechnet ein spießiger Schwabe, der täglich Schlips trägt und manchmal auch gelbe Pullunder! Der erste gemeinsame Fall führt die beiden in die Karnevalsszene. So weit, so gut hatte ich den Klappentext verstanden und freute mich auf einen spannenden Krimi.

Spannend wie ein Krimi war das Buch in der Tat, aber es ist kein Krimi, sondern eine Liebesgeschichte zwischen dem coolen Wenzel und der ebenso coolen Schwester seines schwäbischen Partners. Das kam sehr unerwartet für mich. Doch habe ich jede Seite dieses Pageturners mit großem Genuss gelesen. An einem Abend kam mein Nachtschlaf ziemlich kurz, ich wollte einfach wissen, wie der Roman ausgeht, obwohl ich noch über 100 Seiten vor mir hatte...

Der Roman ist abwechslungsreich und flott geschrieben. Verschiedene Erzählperspektiven (in dritter Person aus Kerstins Sicht, in erster Person aus Florians Sicht) und e-Mail-Dialoge zwischen Kerstin und ihrem Bruder bzw. ihrer Schwägerin lockern die ohnehin flüssige Geschichte weiter auf. Manche Passagen sind heiter, manche nachdenklich, manche knistern vor Erotik.

Was passiert, wenn zwei Menschen füreinander bestimmt sind, dies aber nicht wahr haben wollen? Wenn sie es sich dann doch eingestehen, muss das nicht das Ende des Romans nach nur zwei Dutzend Buchseiten sein. Denn es gibt für beide Protagonisten sehr gute Gründe, ihren Gefühlen nicht nachzugeben. Kerstin und Florian haben Erfahrungen in ihrer Kindheit gemacht, die ihr Denken und Handeln als Erwachsene stark beeinflussen. Ihre beiden Väter stehen zwischen den Liebenden. Und so kommt es, dass ich über die gesamten 415 Seiten wie bei einem spannenden Krimi in Atem gehalten wurde. Die Rezensenten vor mir haben ja schon verraten, dass es ein Happy End gibt. Beim Lesen habe ich mehrere Päckchen Taschentücher verbraucht, so herrlich zu Herzen gehend war dieser Liebesroman an manchen Stellen. Die Beschreibungen waren so stark, dass ich die handelnden Personen in manchen Szenen vor mir zu sehen glaubte.

Ein starkes Debüt. Fürs nächste Buch von Anette Judersleben wünsche ich mir noch mehr Liebe zum Detail. Die Autorin ist mir nämlich während des gesamten Buchs die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, welche Musikgruppen und -titel genau Kerstin und Florian so gerne gemeinsam hörten. Liegt es daran, dass die Autorin selbst ganz andere Musik hört und sich mit Hardrock nicht auskennt? Oder hatte sie Angst, mit der Nennung von Gruppen und Titeln innerhalb ihrer Leserschaft zu polarisieren? Ich jedenfalls hätte schon gerne gewusst, ob aus den Boxen des Porsche AC/DC oder Van Halen, Scorpions oder Aerosmith, Led Zeppelin oder Iron Maiden dröhnte.