Rezension

Ein packender Cold Case

Der Lohn des Verrats -

Der Lohn des Verrats
von Mathias Berg

Bewertet mit 5 Sternen

1993 verschwand Fabian Küster spurlos. Als sein Vater zehn Jahre später beerdigt wird, gibt es plötzlich wieder ein Lebenszeichen von ihm: ein Kranz. Seine Mutter Gabriele wendet sich an die Polizei – die forensische Psychologin Lupe Svensson und der Ermittler Otto Hagedorn übernehmen den Fall. Schnell stellt das Team eine Verbindung zu einem anderen Cold Case her: einer Mordserie an jungen Tramperinnen. Hängen die beiden Fälle tatsächlich zusammen? Und hat der Mörder der Mädchen vielleicht Fabian entführt?
„Der Lohn des Verrats“ ist bereits der zweite gemeinsame Fall für Lupe Svensson und Otto Hagedorn. Den ersten Band kenne ich nicht, daher kann ich sagen: das fällt überhaupt nicht auf. Beim Lesen lernt man die beiden kennen, ohne dass auf Vorwissen (das eventuell nicht vorhanden ist) zurückgegriffen wird.
Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen: Hauptsächlich werden die Ermittlungen im Jahr 2003 geschildert, eingewoben hierin werden einzelne Ereignisse aus dem Jahr 1993, vor allem von einer Party-Nacht, die mit Fabians Verschwinden zusammenhängen soll. Hierdurch kommt Spannung auf, denn die vergangene Zeitebene gibt zwar Hinweise auf den Tathintergrund, offenbart dabei aber nicht zu viel. Hierdurch kann man beim Lesen auch schön miträtseln, wie wohl alles zusammenhängt und was sich in den letzten zehn Jahren ereignet hat.
Der Gegenwartsstrang wird aus Perspektive von Lupe Svensson beschrieben, sodass man viel aus ihrer Gedankenwelt mitbekommt. Ihre Ängste, ihre Hoffnungen, aber auch ihre humorvollen Anmerkungen zu allen Geschehnissen. Dadurch gibt es zwischendurch auch mal etwas zu schmunzeln, allerdings nicht so, dass es ins Lächerliche oder in eine Wohlfühlrichtung übergeht – der angedeutete Humor ist eher durch eine leichte Spur Bitterkeit geprägt. Außerdem verhilft Lupes Perspektive, mehr über ihr eigenes „Trauma“ zu erfahren, besonders spannend, da sie als Psychologin im Stande ist, dieses reflektiert zu betrachten (und ihm dennoch relativ hilflos ausgeliefert ist).
Die Handlung ist spannend und weist viele Wendungen auf, die sich nur schwer vorhersehen lassen. Nicht nur die vergangene Zeitebene wird langsam enthüllt, in der „Gegenwart“ gibt es zahlreiche Ereignisse, die Schwung in die Handlung bringen (diese zu nennen wären allerdings sehr große Spoiler).
Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen. Wer aus der Kölner Gegend kommt wird vielleicht die Nennung mancher Ortsnamen kennen, ansonsten ist das Setting aber austauschbar – ein bisschen Schade, macht das Buch aber insgesamt nicht schlechter.
Wie bereits erwähnt, bekommt man in Lupe Svenssons Leben einen größeren Einblick. Damit nimmt man sie beim Lesen nicht nur als Ermittlerin wahr, sondern als einen Menschen mit Ecken und Kanten, mit Problemen und Ängsten – das lässt sich realistisch wirken und im Gegensatz zu vielen anderen Krimis nicht wie eine Schablone, die nur Mittel zum Zweck ist. Da man über Otto Hagedorn weniger erfährt, ist dies durchaus der Fall. Allerdings bekommt man auch von seinen Macken und seinen Problemen ein bisschen was mit – persönlich hätte ich mir hier etwas mehr gewünscht – ebenso wie von den Nebenfiguren aus dem Team. Auch die relevanten Personen, die mit dem Fall verstrickt sind, sind überraschend detailliert ausgearbeitet. Manche von ihnen wirken auf den ersten Blick etwas Stereotyp, aber je weiter man liest, desto mehr bemerkt man, wie der Autor hier mit Erwartungen und Klischees spielt.
„Der Lohn des Verrats“ ist ein großartiger Krimi, der mich vom Prolog bis zum letzten Satz gefesselt hat. Spannend, tiefgehend und schockierend. Definitiv ein Must-read für alle Krimi- und Thriller-Fans!