Rezension

Ein packender und spannender Medizinthriller

Runa
von Vera Buck

Klappentext "Man kam nicht her, um zu genesen, sondern um zu sterben." Paris 1884. In der neurologischen Abteilung der Salpêtrière-Klinik führt Dr. Charcot Experimente mit hysterischen Patientinnen durch. Seine Hypnosevorführungen locken Besucher aus ganz Europa an; wie ein Magier lässt der Nervenarzt die Frauen vor seinem Publikum tanzen. Dann aber wird Runa in die Anstalt eingeliefert, ein kleines Mädchen, das all seinen Behandlungsmethoden trotzt. Jori Hell, ein Schweizer Medizinstudent, wittert seine Chance, an den ersehnten Doktortitel zu gelangen, und schlägt das bis dahin Undenkbare vor. Als erster Mediziner will er den Wahnsinn aus dem Gehirn einer Patientin fortschneiden. Was er nicht ahnt: Runa hat mysteriöse Botschaften in der ganzen Stadt hinterlassen, auf die auch andere längst aufmerksam geworden sind. Und sie kennt Joris dunkelstes Geheimnis …

Normalerweise greife ich nur sehr, sehr selten zu historischen Romanen. "Runa" machte mich jedoch neuierig. Das geheimnisvolle Cover gefällt mir ausgesprochen gut und erregte sofort meine Aufmerksamkeit. Nicht anders ging es mir mit dem Klappentext. Auch diesen finde ich, besonders im Zusammenspiel mit dem Cover, sehr gelungen. Schnell war für mich klar: Dieses Buch muss ich lesen.

Ich merkte bereits auf den ersten Seiten, dass ich ein besonderes Buch in den Händen hielt. Das Buch zog mich sogleich in seinen Bann, seine Atmosphäre umfasste mich schlagartig und so dauerte es nur wenige Seiten, bevor ich das erste Mal eine Gänsehaut bekam.

Vera Buck hat einen unglaublichen Schreibstil und setzt diesen auch geschickt zur Zeichnung von Orten und Personen ein. Je nach Perspektive änderte sich auch der Schreibstil, wodurch man die verschiedenen Handlungssträge sehr gut auseinanderhalten kann. Dazu gefiel mir auch die Sprache sehr, sehr gut und ich konnte kaum glauben, dass es sich bei Runa um einen Debütroman handelte.

Die Charaktere konnten mich vor allem deshalb begeistern, weil sie weder gut noch böse waren. Dies trifft zumindest auf Jori und Lecoq (mein Favorit in diesem Buch!) zu. Die Charaktere sind unglaublich vielschichtig und wirken daher auch besonders authentisch. Jori, der Protagonist, war mir zu Beginn nicht besonders sympathisch. Er vergötterte im Stillen den grausamen Nervenarzt Charcot und hinterfragte dessen Handeln nicht. Doch während des Buches macht Jori eine sehr spannende Entwicklung durch, in welcher er zu Hinterfragen beginnt.

Wie bereits erwähnt konnte mich das Buch von der ersten Seite packen. Allerdings muss ich zugeben, dass die Begeisterung nach ca. 80 Seiten ein wenig nachlies. Zu Beginn gab einfach vieles (gewollt!) keinen Sinn. Ich las von verschiedenen Charakteren, wobei Joris Geschichte den größten Platz einnahm, die auf den ersten Blick rein gar nichts miteinander zu tun hatten. Ich fragte mich, wann diese sich endlich über den Weg laufen würden. Nach und nach wurden die Geschichten geschickt miteinander verwoben und ab der Hälfte konnte mich "Runa" wieder begeistern.

Das Ende von "Runa" lies mich ein wenig enttäuscht zurück, denn eine "Sache" blieb zum Schluss offen. Gerne hätte ich noch mehr über die verschiedenen Charaktere erfahren.

Zum Genre: Da ich nun schon öfter gelesen habe, dass jemand sich fragte, ob das Buch auch für ihn geeignet sei, möchte ich gerade zu diesem "gefürchteten Grusel" und dem Genre ein paar Sätze los werden. Ich lese Krimis, ich lese Thriller. Wer nur schwer von Gewalt lesen kann, sollte von "Runa" die Finger lassen. Nur, weil die Geschichte um "Runa" Fiktion ist, gilt dies leider nicht für die medizinischen Gebräuche des späten 19. Jahrhunderts. Und diese Gewissheit war für mich der wahre Grusel: Das Wissen, das ein "Sex Baton" oder eine "Ovarienpressen" nicht der Fantasie der Autorin entsprungen sind.

Fazit: Ein Buch, das mich während des Lesens zum Nachdenken brachte. Selbst jetzt, drei Wochen nach der Beendung des Buches, bin ich immer noch fasziniert von der Geschichte.