Rezension

Ein passender Titel

Wohnverwandtschaften -

Wohnverwandtschaften
von Isabel Bogdan

Bewertet mit 5 Sternen

Als ich den Titel dieses Buchs zum ersten Mal gelesen habe, war ich etwas ratlos, was mit „Wohnverwandtschaften“ gemeint ist. Nach der Lektüre finde ich, es ist ein äußerst passender Titel.

Das Buch handelt von einer Wohngemeinschaft in Hamburg. Keine Studenten-WG, die Bewohner sind alle schon mitten im Berufsleben bzw. pensioniert. Da ist zunächst Jörg, dem die Wohnung gehört. Nach dem Tod seiner Frau traf er den Entschluss, die überzähligen Zimmer zu vermieten. Jörg ist 68 und sein großer Traum ist es, mit dem Bulli nach Georgien zu fahren. Murat, sein Mitbewohner, ist immer gut gelaunt, spielt Fußball, liebt seinen Schrebergarten und bekocht mit Leidenschaft die WG. Anke ist Schauspielerin, doch mit Anfang 50 sind die Rollenangebote dünn gesät, was ihrem Selbstwertgefühl sehr zusetzt. Als Letzte ist die Zahnärztin Constanze nach der Trennung von ihrem Freund in die WG gezogen. Übergangsweise, wie sie sagt, doch dann wachsen ihr die anderen mehr und mehr ans Herz und es sieht nicht so aus, als ob sie nach etwas anderem sucht.

Überhaupt ist der Zusammenhalt zwischen den vier Personen sehr eng. Als Jörg nach einer Operation nicht mehr der Alte ist und sehr vergesslich wird, kümmern sich die anderen rührend um ihn, sie fühlen sich wie eine Familie. Jörgs Sohn lebt in Frankreich und bekommt überhaupt nicht mit, wie es um seinen Vater steht. 

Die Geschichte wird aus dem Blickwinkel der einzelnen WG-Bewohner erzählt. Der Leser hat daher einen Wissensvorsprung vor den anderen. Das Thema fortschreitende Demenz wird sehr einfühlsam behandelt. Ein Buch über Freundschaft, die oft enger sein kann als Familienbande. Uneingeschränkte Leseempfehlung von mir.