Rezension

Ein Philosoph als Gärtner

Lob der Erde - Byung-Chul Han

Lob der Erde
von Byung-Chul Han

Bewertet mit 3 Sternen

Drei Jahre Garten: Der Philosoph Byung-Chul Han beschließt, drei Jahre lang in Berlin einen Garten zu hegen und zu pflegen. Herausgekommen ist sein Buch "Lob der Erde". In seinem Buch beschreibt Byung-Chul Han nur an zwei Stellen die Arbeit im Garten, das Pflanzen und das Unkrautjäten. Ansonsten erweist sich der Philosoph als stiller Beobachter, der sich von der Schönheit der Pflanzen beeindrucken lässt. 

Byung-Chul Han lässt sich so sehr von ihr beeindrucken, dass er zur Überzeugung kommt, dass die Erde eine göttliche Schöpfung sein muss, und so kann er selbst die Gartenarbeit als "eine stille Meditation" verstehen. 

Das ist die eine Art, wie im Buch der Garten betrachtet wird: die Wirkung auf den Gärtner. Der Autor beobachtet sich, nimmt seine veränderte Wahrnehmung auf die Erde wahr, kritisiert das Leistungsdenken. Er nimmt seine veränderte Wahrnehmung der Zeit wahr, er leidet mit der Natur, hat bei Frost Angst um sie, bezeichnet einzelne Pflanzen schließlich als seine Geliebten und trauert, wenn sie absterben. 

Wer hier nun aber geschliffen ausgearbeitete Erkenntnisse erwartet, geht fehl. Byung-Chul Hans Buch ist eher tagebuchartig angelegt, Aussagen werden getroffen ohne dass sie ausführlich begründet werden. Dabei wirkt manches übertrieben, ja fast schon kitschig, manches sehr einfach gedachte, ja fast schon platt - und manches einfach schön. 

So eine Stelle findet sich, wenn das erste Graben im Garten beschrieben wird:

"Die graue sandige Erde, die dabei zum Vorschein kam, war mir fremd, ja fast unheimlich. Ich staunte über ihre geheimnisvolle Schwere."  

Was hierauf folgt, ist eine Exkursion über die Beschaffenheit Berliner Böden. Das ist die zweite Art, wie im Buch der Garten betrachtet wird: fachbuchartig wird dargelegt, wie der Boden beschaffen ist, wie Pflanzen aussehen... 

Am interessantesten ist aber die persönliche Sicht des Autors auf die Pflanzen. Wir erfahren, dass er ein großer Fan eines Wintergartens ist, dass er wuchernde Pflanzen nicht mag, dass Schatten ihm wichtig ist, dass Dahlien ihm zu plump sind, während Funkien sein Herz erobert haben. Die liebevolle Beschreibung der Schönheit der Pflanzen ist die dritte Art, wie im Buch der Garten betrachtet wird. Hier stellt der Autor immer wieder literarische Bezüge her und schiebt Gedichte und andere literarische Texte ein. 

Es ist mitnichten ein Gärtner, der diesen Garten am Wannsee hegt und pflegt - es ist ein Intellektueller, der im Garten eine neue Welt für sich entdeckt. Das ist teilweise spannend mitzuerleben, teilweise aber auch - vor allem durch viele Wiederholungen einzelner Aussagen - anstrengend. Am deutlichsten wird das, wenn er - weil er Samen mitbringt? - von seinen Reisen erzählt und - warum auch immer - von der Prädidentschaftswahl in Korea. Insgesamt wirkt das schmale Buch doch eher wie eine Sammlung von unredigierten Tagebuchaufschrieben. Das hat nicht immer seinen Reiz.