Rezension

Ein poetisches nordisches Märchen

Die Silbermeer-Saga - Der König der Krähen - Katharina Hartwell

Die Silbermeer-Saga - Der König der Krähen
von Katharina Hartwell

Bewertet mit 4 Sternen

Bereits beim Anblick des wunderschön gestalteten Covers und des sehr spannenden Klappentextes war mir klar, dass ich "Die Silbermeer-Saga - Der König der Krähen" unbedingt lesen muss. Die Leseprobe überzeugte mich dann vollends. Hier deutete sich bereits ein ganz besonderes Jugendbuch an.

Worum geht es?
In der Hafenstadt Colm verschwinden immer wieder Jungen und Mädchen. Gerüchte gibt es viele, doch was mit den Kindern passiert, ob sie entführt werden oder gar ertrinken, weiß niemand. Obschon die Gemeinschaft trauert, beschränkt sich die Suche nach den Kindern stets nur auf das kleine Städtchen. Als Eddas Bruder Tobin eines Abends verschwindet und lediglich eine schwarze Feder zurückbleibt, beginnt Edda mit Nachforschungen. Die Feder, so erfährt sie, gehört dem Krähenkönig und so macht sich das junge Mädchen auf die gefahrvolle Reise, um ihren Bruder zu retten.

Meinung:
Katharina Hartwells wunderbarer Sprachstil hat mich augenblicklich gefangen genommen und die Begeisterung angesichts der wortgewaltigen Ausdrucksweise hielt sich über das gesamte Buch. Die Autorin hat neue Worte geschaffen, die sich wie z. B. "meerfern" perfekt in diese sagenhafte Welt einfügen, und ihre ruhige Sprachweise hat dabei durchaus etwas Poetisches. Ganz sicher ist "Der König der Krähen" nichts für Leser, die ausschließlich in action- und gewaltgeladenen Schmökern versinken. Denn Edda gerät zwar durchaus in gefährliche, aber nie in ausufernd gewalttätige oder blutige Situationen. Für wenig hartgesottene Leser eine Wohltat.

Was mir zudem gefallen hat, war die nordisch anmutende Welt. Die Namen der Inseln und Bewohner klangen sehr norddeutsch bzw. skandinavisch, so lautet z. B. der Nachname von Eddas bestem Freund Bornholm (= eine dänische Insel). Als Nordlicht fühlte ich mich in der Inselwelt gleich heimisch und fand es gelungen, dass Eddas Welt zwar eine erdachte ist, dennoch aber auch (noch) unentdeckt neben unserer realen Welt existieren könnte.

Ein weiterer Pluspunkt des Buches ist, dass es die Geschichte eines Mädchens ist, das sich ganz alleine auf die Suche nach ihrem Bruder macht, an ihren Aufgaben, den Gefahren und unterschiedlichen Situationen wächst und wagt, was sich kein Erwachsener ihres Städtchens bisher getraut hat. Edda ist eine tolle Heldin, ein immer stärker werdendes Mädchen, die sich auf sich selbst verlässt und sehr gut ohne männlichen Beistand auskommt. Dazu kommt, dass Katharina Hartwell darauf verzichtet hat, Edda in eine Romanze zu verwickeln. Es geht einfach nur um Edda!

Ein wenig schade fand ich, dass es wenige Auflösungen für die vielen aufgeworfenen Fragen gibt. Edda und Tobins wahre Herkunft bleibt verschleiert, ebenso wie die von Eddas anfänglichen Reisegefährten Brand. Der mysteriöse Gorm bleibt auch am Ende des Buches mysteriös und Tobin ist Edda letztlich auch nicht nähergekommen. Für ein gut 600 Seiten starkes Buch bleiben doch recht viele Fragen offen und ich denke, dass die Saga nicht mit dem nächsten Buch endet. Das nährt natürlich schon jetzt die Vorfreude auf die (erste) Fortsetzung, die im Frühjahr 2021 erscheinen wird.

Fazit: Die Autorin Katharina Hartwell hat mit "Der König der Krähen" einen vielversprechenden Auftakt ihrer "Silbermeer-Saga" hingelegt. Wer sich auf das sprachlich hervorragende Buch einlässt, bekommt ein poetisches nordisches Märchen zu lesen. Ein Märchen, das zwar im Jugendbuchbereich zu Hause ist, aber auch erwachsene Leser mit einer Begeisterung für das Besondere verzaubern dürfte.