Rezension

Ein Politkrimi mit Nachhaltigkeit

Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens
von Oliver Bottini

Bewertet mit 5 Sternen

Alles beginnt 2011 mit einer Massenkarambolage auf der A19 in Mecklenburg mit elf Todesopfern und endet drei Jahre später mit einem Showdown und drei Toten nahe Temeswar in Rumänien. Dennoch ist der mit dem Deutschen Krimipreis 2018 ausgezeichnete Roman „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ kein typischer Krimi. Der im November im Dumont-Verlag erschienene Roman von Oliver Bottini (47), der als einer der bedeutendsten Krimiautoren Deutschlands gelobt wird und mit inzwischen fünfmaliger Auszeichnung auf den Deutschen Krimipreis abonniert zu sein scheint, ist eher eine spannende, gleichsam berührende, vor allem beklemmende Mischung aus Politthriller, Gesellschaftsroman und Krimi. Es geht um die negativen Auswirkungen großflächig betriebener Landwirtschaft, um Globalisierung, um die Auswüchse des Kapitalismus: Sowohl im Osten Deutschlands als auch in Rumänien gehört der einfache Mensch wieder zu den Verlierern. Der Autor versteht es ausgezeichnet, den Wechsel sowohl vom kommunistischen System der DDR als auch dem diktatorischen Ceaușescu-Regime Rumäniens in ein demokratische Staatssystem zu analysieren. Das Ergebnis seiner Analyse ist niederschmetternd: „Da hatten sie für die Demokratie gekämpft und den glitzernden Kapitalismus bekommen – und gaben sich damit zufrieden“, zieht der rumänische Kriminalkommissar Ioan Cozma resigniert sein Fazit. Denn im Grunde hat sich hier wie dort kaum etwas geändert: In Rumänien wie in Ostdeutschland sitzen die alten Funktionäre und Eliten noch immer an den Hebeln der Macht oder sie wurden durch Großkonzerne ersetzt. "Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens" zeigt die Dramatik der Globalisierung, den Ausverkauf des eigenen Landes an internationale Agrarkonzerne und die sich daraus ergebenden Folgen. Bottini schildert eindringlich den Überlebenskampf des "kleinen Mannes" in Ostdeutschland und Rumänien nach der Wende, erzählt von Trauer und Leid und von Menschen, die trotz erlittener Tragödien und aller Ohnmacht immer noch den Mut aufbringen, ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben. Bottinis Roman scheint durchgängig von Hoffnungslosigkeit und Trauer geprägt: Maik Winter verliert bei der Massenkarambolage auf der A19 die Ehefrau und beide Kinder, er bleibt allein zurück und versucht, in Rumänien bei seinem Jugendfreund Jörg Marthen sich ein neues Leben aufzubauen. Landwirt Marthen, dessen Familie im mecklenburgischen Prenzlin nach der Wende durch betrügerische Machenschaften ein zweites Mal um ihr Eigentum gebracht wurde, hat sich in Westrumänien sein Neu-Prenzlin aufgebaut. Doch andere wollen das Land und lassen seine Tochter Lisa ermorden, um Marthen gefügig zu machen oder aus Rumänien zu vertreiben. Letztlich verkauft Marthen seine rumänischen Ländereien an einen arabischen Großkonzern und baut sich in Mecklenburg eine neue Existenz auf. Bei aller Hoffnungslosigkeit schimmert erst am Ende des Romans doch noch der Glaube an Gutes und an Menschlichkeit durch. „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ ist ein Roman mit starker Nachhaltigkeit: Auch wenn das letzte Kapitel längst gelesen ist, lässt einen das Buch noch lange nicht los ….