Rezension

Ein pralles Feuilleton der New Yorker 20er Jahre...

Der Junge, der Träume schenkte - Luca Di Fulvio

Der Junge, der Träume schenkte
von Luca Di Fulvio

Bewertet mit 4.5 Sternen

New York, 1909. Aus einem transatlantischen Frachter steigt eine junge Frau mit ihrem Sohn Natale. Sie kommen aus dem tiefsten Süden Italiens - mit dem Traum von einem besseren Leben in Amerika. Doch in der von Armut, Elend und Kriminalität gezeichneten Lower East Side gelten die gnadenlosen Gesetze der Gangs. Nur wer über ausreichend Robustheit und Durchsetzungskraft verfügt, kann sich hier behaupten. So wie der junge Natale, dem überdies ein besonderes Charisma zu eigen ist, mit dem er die Menschen zu verzaubern vermag ...

New York, 1909. Aus einem transatlantischen Frachter steigt eine junge Frau mit ihrem Sohn Natale. Sie kommen aus dem tiefsten Süden Italiens - mit dem Traum von einem besseren Leben in Amerika. Doch in der von Armut, Elend und Kriminalität gezeichneten Lower East Side gelten die gnadenlosen Gesetze der Gangs. Nur wer über ausreichend Robustheit und Durchsetzungskraft verfügt, kann sich hier behaupten. So wie der junge Natale, dem überdies ein besonderes Charisma zu eigen ist, mit dem er die Menschen zu verzaubern vermag...

Cetta hat es nicht leicht, als sie nach harter Überfahrt in New York von Bord geht. Der Sprache nicht mächtig, kann sie es gerade noch verhindern, von ihrem Kind getrennt zu werden - Natale, mit dessen Namen der Zollbeamte nichts anfangen kann und der das Kind kurzerhand in "Christmas" umtauft. Mit diesem ungewöhnlichen Namen wächst der Junge in ärmlichsten Verhältnissen auf, nachts ohne seine Mutter, denn die arbeitet als Hure.
Die Straßen werden von Gangs unterschiedlichster Nationalität beherrscht, die Polizei ist nahezu machtlos. Dennoch findet Christmas Freunde und schafft es durch sein charismatisches Wesen, sich allen Widrigkeiten zum Trotz durchzusetzen.

Ein Wendepunkt in seinem Leben ergibt sich, als Christmas Ruth findet - vergewaltigt, zusammengeschlagen, beinahe tot. Er bringt sie in ein Krankenhaus und verliebt sich unsterblich in dieses hübsche jüdische Mädchen mit seinen smaragdgrünen Augen. Ein Mädchen aus gutem Hause, wie er schließlich feststellen muss, in deren Familie er keinen Einlass findet, auch wenn der patriarchalische Großvater offensichtlich Gefallen an ihm findet.
Ruth wird für Christmas zum Anlass, es schaffen zu wollen. Raus zu kommen aus der ewigen Armut, aus dem Stigma, nur ein Italiener zu sein - und ein Amerikaner zu werden. Diesen Weg zeichnet das Buch nach.

Auch wenn Gewalt das alles beherrschende Thema jener Jahre in den Gassen New Yorks ist, gewährt die Geschichte Christmas´ einen Blick hinter die Fassaden. Er erkennt in jedem gleich den Kern seines Wesens und schafft es so, ihn auf seine Seite zu ziehen. Mit ihm erlebt der Leser die Zeiten jener Jahre authentisch wieder, begegnet Gangstern jeder Couleur - aber auch den Gefühlen, dem Erwachsenwerden, der Leidenschaft.
Luca Di Fulvio schafft mit seinen Worten Bilder, die einen eintauchen lassen in das New York der 20er Jahre und in das Leben dieser Zeit. Ein dichter Roman, nicht voll der Spannung aber mit einem liebenswürdigen Charakter, der die Aufgaben des Lebens zu meistern versucht...

Ein dickes Buch mit einem nicht ganz gelungen (deutschen) Titel, das aber trotz aller Gewalt zu bezaubern vermag.

© Parden