Rezension

Ein Roman mit hohem Unterhaltungswert

Der Gentleman - Forrest Leo

Der Gentleman
von Forrest Leo

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch ist einfach nur genial. 

Forrest Leos Erzählung, in der der ewige Junggeselle und Schriftsteller Lionel Savage (22) um 1850 aus finanziellen Gründen heiratet und danach an einer Schreibblockade leidet, ist eine brillante, weil nicht enden wollende Parodie auf das viktorianische Zeitalter und den damals gelebten britischen Snobismus.

Der Hauptprotagonist und Ich-Erzähler Lionel Savage ist eine kauzige und herrlich antiquierte Persönlichkeit, die allein im Verse schmieden Erfüllung zu finden scheint. Alles Weltliche außerhalb seines literarischen Mikrokosmos ist ihm fremd und oftmals zuwider. Seine Ehe mit der begüterten Vivien Lancaster eine Farce. Trotz Heirat wechselt er kein Wort zu viel mit seiner Ehefrau und hasst sie gar, weil er in ihr den Grund für seine literarische Krise sieht. Infolge sieht er im Suizid seinen einzigen Ausweg. Doch er hat seine Rechnung ohne einen mysteriösen "Gentleman" (s. Buchtitel) gemacht, der sich im Nachhinein als der Teufel himself herausstellt. Das Gespräch mit ihm am Rande eines Kostümfestes gibt Lionel wieder Lebensmut und Inspiration zum Schreiben. Auf einmal kann er zwar wieder dichten, aber seine Frau Vivien ist verschwunden und Lionel überzeugt, sie wurde vom Teufel geholt. Nach einer kurzen Phase der Freude über seine zurückgewonnene Freiheit stellt sich bei ihm allerdings das schlechte Gewissen ein und er begibt sich auf eine abenteuerliche Suche nach seiner Angetrauten; Scotland Yard und Pistolenduellen inklusive. Hierbei stehen ihm Schwager Ashley, ein überzeugter Weltenbummler, die 16-jährige Schwester Lizzie, ein intelligenter Wildfang, und Butler Simmons, Lionels gutes Gewissen und bester Ratgeber, zur Seite. Diese Ansammlung von verschiedenartigen Nebenfiguren macht die so schon verrückte bis skurrile Story noch bunter und unterhaltsamer. Kurzum, Cover und Inhalt wurden prima aufeinander abgestimmt. 

Forrest Leos Roman hat hohen Unterhaltungswert. In wohl überlegten, oft poetisch durchsetzten Worten schießt er gegen allerlei britische Konventionen des 19. Jahrhunderts. Im Fokus steht dabei Antiheld Savage, der den Ernst der Lage immer erst als Letzter zu erfassen scheint und mit einer Menge Scheuklappen durch die Gegend stolziert.

FAZIT
Eine ungemein witzige Zeitreise, die so herrlich andersartig und verschroben ist, dass man sich wünscht, sie möge niemals enden.