Rezension

Ein ruhiger, spannender Thriller – Cold Case durch und durch

Wisting und der Tag der Vermissten - Jørn Lier Horst

Wisting und der Tag der Vermissten
von Jørn Lier Horst

Bewertet mit 4 Sternen

Ein eher ruhiger und etwas vorhersehbarer Thriller, der eine große Neugier im Leser weckt. Pluspunkte für die Realitätstreue.

„Wisting“ hat mich beim Lesen stark an Serien wie Cold Case und diverse gerichtsmedizinische Sendungen (solche, über die man typischerweise nachts stolpert) erinnert. Auch dort werden sogenannte „Cold Cases“ behandelt, die viel mit dem Fall in diesem Buch gemeinsam haben: es sind Fälle, in denen es schon früher einen Verdächtigen gab, der aber einfach mit den damaligen Mitteln nicht dingfest gemacht werden konnte. Oder eine heiße Spur, für die es aber keine Beweise gab.

Dem sollte man sich unbedingt bewusst sein, wenn man dieses Buch liest: Es ist keine aberwitzige Geschichte, die einen vollkommen abstrusen und so nie von der Polizei bedachten Tathergang zeichnet und plötzlich einen vollkommen unbekannten Täter aus der Westentasche zaubert.

 

„Wisting“ erzählt vielmehr die Geschichte einer Ermittlung, die sehr realitätsnah und vor allem realistisch wirkt. Das hat mir persönlich um Welten besser gefallen, als ein Buch, dass gerade noch so logische Verknüpfungen herbeizaubert und plausible Täter scheinbar im Nirvana findet.

 

Erstaunlich bleibt dabei aber, dass das ganze Buch eine ziemlich hohe und konstante Spannung erzeugt, obwohl man ja einen Fall verfolgt, der schon Jahre zurückliegt (und dessen Ende, seien wir ehrlich, schon nach dem Lesen des Klappentexts erahnbar ist).

Ein großer Teil dieser Spannung stammt aber auch von der Neugier des Lesers. Man möchte wissen, warum der Ehemann verschwunden ist, was er zu verheimlichen hat, was die Verschwundene zu verbergen hatte und am Ende doch ganz simpel: einfach nur, was damals wirklich geschehen ist.

 

Abgerundet wird das Ganze dann noch mit Wisting selbst, der einem zu Anfang irgendwie nicht ganz koscher ist, sich aber schnell zu dem kauzigen und hochintelligenten Ermittler entwickelt, den man einfach mögen muss. Dessen Perspektive wechselt sich aber noch mit der seiner Tochter – einer jungen Mutter und überaus neugierigen Journalistin – und der eines weiteren Ermittlers – der nicht immer ganz mit offenen Karten spielt – ab.

Eine Romanze und intime Begegnungen findet man hier übrigens keine.

 

Fazit

Im Großen und Ganzen ist die Kriminalgeschichte in diesem Buch kein Bombeneinschlag, denn man merkt auch als Leser schnell, worauf das Ende hinausläuft (das sollte bei diesem Klappentext aber wahrlich kein Wunder sein). Gleichzeitig war das Buch für mich dennoch spannend, da das etwas vorhersehbare Ende in ein sehr logisches und homogenes Story-Konstrukt verbaut wurde.

Leser, die aber immer etwas Neues und immer diesen „Wow“-Effekt brauchen, sollten sich mit Vorsicht und vor allem nicht allzu großen Erwartungen an dieses Buch wagen.