Rezension

ein scheinbar bekanntes Szenario, grandios umgesetzt!

Infernale - Sophie Jordan

Infernale
von Sophie Jordan

Inhalt:
USA, 2021. Gewaltverbrechen haben in den letzten Jahren immer weiter zugenommen, Teile der Großstädte wurden aufgegeben. Bei vielen Gewaltverbrechen wurde das HTS-Gen als „Verursacher“ identifiziert. In immer mehr Bundesstaaten wird der Test auf das HTS-Gen flächendeckend durchgesetzt, während der Einfluss von Gen-Entdecker Dr. Wainwright immer weiter steigt.
 
Davy führt ein absolut perfektes, behütetes Leben zwischen Privatschulen und ihren etlichen Veranstaltungen und Förderprogrammen als musikalisches Wunderkind. Mit ihrem Freund Zac wird es ernster, ihre Freunde sind die Besten der Besten.
Bis eines Tages ein Anruf kommt und ihr den Boden unter den Füßen wegreißt.
Davy wurde bei einem Routine-Test positiv auf das HTS-Gen getestet. Und obwohl sie keine andere ist als am Tag zuvor, verändert sich einfach alles: Sie wird der Privatschule verwiesen, muss sich bei den Behörden melden und eine Sonderklasse an einer staatlichen Schule besuchen – sie unter anderen Trägern, potentiellen Mördern und Gewaltverbrechern.
 
Plötzlich wird sie von allen behandelt, als wäre sie eine von „denen“, selbst ihre Eltern sehen sie mit anderen Augen und distanzieren sich. Plötzlich kann Davy nicht mehr auf Altbewährtes zurückgreifen und muss ein neuer Mensch werden. Härter. Ganz so, wie sie laut ihren Genen sein sollte.
 
Meinung:
Ich war schon lange gespannt auf „Infernale“. Der Inhalt klang nicht komplett neu, doch die Umsetzung hat es dennoch geschafft, mich mitzureißen.
 
Der Einstieg gelang leicht, ich wurde sofort ins Geschehen geworfen, kurz mit dem HTS-Gen bekannt gemacht und lernte anschließend Protagonistin Davy in ihrem perfekten Umfeld kennen. Doch schon zum Ende des ersten Kapitels ändert sich für die Ich-erzählende (Präsens) Protagonistin einfach alles: Sie wurde positiv auf das „Mördergen“ getestet, ist nun ein Ausschuss der Gesellschaft, die weggesperrt gehört (was von vielen verlangt wird).

Davy wird von ihrer Privatschule „ausgeladen“, verliert ihren Platz an einem angesehenen College, muss mit anderen „Verbrechern“ gemeinsam im Keller einer öffentlichen Schule ihre Zeit verbringen. Mit Jugendlichen, die es verdient haben, dort zu sein, mit gefährlichen Menschen, die auch Davy nicht verschonen.
 
Der am gefährlichsten scheinende Sean jedoch hilft Davy immer wieder, scheint sie zu beschützen.
Als es mit dem vermeintlich letzten Menschen ihrer Vergangenheit, ihrem Freund Zac, unschön endet, steht Davy vollkommen allein da.
Doch die Angst der Menschen vor dem Gen ist zu groß und das Bild, das die anderen von Davy haben, verändern sie unwiderruflich.
 
Ich wurde wirklich von der ersten Seite an von Autorin Sophie Jordan mitgerissen. Ein flotter Schreibstil, der manchmal etwas nüchtern wirkt, unterstreicht die teils brutale Atmosphäre und die Veränderungen in und um Davy. Zwischen den Kapiteln gibt es immer wieder Zeitungsberichte, Zeugenaussagen, SMS-Chats, die den Wandel der Gesellschaft unterstreichen und die mich teils absolut schockiert haben.

Das Szenario ist so greifbar und authentisch, dass es mir Gänsehaut bescherte. Denn letztendlich läuft es doch wirklich so: Wenn etwas geschieht, sucht man einen Schuldigen – ganz gleich, ob man damit noch viele andere fälschlich beschuldigt. Ein Teufelskreis, der aus den Unschuldigen das macht, was die Gesellschaft in ihnen sieht. Die Autorin hat all das so überzeugend dargestellt, als wäre es bereits so weit gekommen – inklusive dem wachsenden Einfluss der HTS-Behörde. Denn auch dieser ist absehbar, wenn die Gesellschaft nach einer Lösung lechzt. Dabei geizt die Autorin nicht mit Brutalität, die in einer solchen Gesellschaft zur Tagesordnung gehört, die aus HTS-Trägern „Dinge“ macht, die weniger Rechte haben als Tiere.
 
„Infernale“ ist ein Buch über Vorurteile und was sie bewirken. Und doch entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte, die zwar nicht überraschend ist, aber mich dennoch berührt hat.
 
Für alle, die Angst vor Cliffhangern haben, hier die Entwarnung: „Infernale“ endet vorerst absolut zufriedenstellend (wenn nicht sogar etwas zu gut), man könnte es als Einzelband lesen. Ich jedoch werde mich im Juni definitiv auf die Fortsetzung stürzen, ich muss einfach wissen, wie es mit Davy und der gesamten Gesellschaft weitergeht.
 
Urteil:
Beim ersten Blick auf den Klappentext kommt einem das Szenario von „Infernale“ durchaus bekannt vor. Doch Sophie Jordan erschafft so viel mehr, als die Aussortierung potentiell gefährlicher Menschen. Sie bildet den Wandel der Gesellschaft ab und die Entwicklung einer überbehüteten „Prinzessin“ zu dem, was sie laut ihren Genen wirklich ist.
Nicht dominant, aber sehr gut in die Geschichte eingeflochten gibt es eine zarte Liebesgeschichte, die zwar nicht ganz unvorhersehbar ist, mich jedoch umso mehr überzeugen konnte. Klare 5 Bücher für das düstere Szenario einer gewalttägigen Gesellschaft, die nach einen Schuldigen sucht.

Die Reihe:
1. Infernale
2. Infernale – Rhapsodie in schwarz
(Erscheinungstermin Juni 2016)

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