Rezension

Ein Schelm auf den Spuren von Oliver Twist

Dunkle Halunken - Terry Pratchett

Dunkle Halunken
von Terry Pratchett

Bewertet mit 4 Sternen

Der neue Pratchett: Nicht die Scheibenwelt, sondern das viktorianische London

Der junge Dodger ist ein "Tosher", der in der Kanalisation nach brauchbaren Dingen sucht und mit viel Glück Münzen findet, die in den Gully gefallen sind. Wenn das Glück ihm nicht hold ist, hilft er nach und findet auch schon mal Dinge in fremden Taschen oder Häusern. Bei einem Streifzug beobachtet er, wie eine junge Frau von zwei Männern verfolgt wird. Er rettet die schöne Unbekannte. Nun will er herausfinden, wer sie ist und warum sie verfolgt wird. Dabei wird Dodger ganz unbeabsichtigt zum bekannten Helden. Er lernt einige Herrschaften der feinen Gesellschaft kennen und hat die Chance zum Aufstieg, doch er macht auch Bekanntschaft mit einem Auftragsmörder, der nach der jungen Frau sucht...

Die Geschichte spielt im viktorianischen London im Gassenmilieu - dort, wo auch Oliver Twist seinen Weg sucht. Pratchett lässt seinen Helden Dodger dem Autor Charles Dickens begegnen und mehreren weiteren historischen Persönlichkeiten, die er im Nachwort vorstellt. Der Leser kann auch viele Anspielungen an Dickens Werk entdecken: So lebt Dodger bei dem Juden Solomon, der ihn anleitet, aber im Gegensatz zu Olivers Lehrer Fagin will Solomon ihn vom Stehlen abbringen. Dodgers echter Name "Pip" erinnert an die Hauptfigur von Dickens Roman "Great Expectations". Wie bei Dickens ist die Handlung vielschichtig: Es gilt ein Verbrechen aufzuklären bzw. ein neues zu verhindern und eine Liebesgeschichte bahnt sich an; gleichzeitig zeichnet das Buch ein historisches Bild der Lebensbedingungen der Londoner Unterschicht und ist somit Sozialkritik. Diese Kritik kommt aber nicht mit erhobenem Zeigefinger daher, sondern ist ein Schelmenroman voller Pratchett´scher Sprachspielereien.

Ein schönes Lesevergnügen!