Rezension

Ein Schmetterlingskind greift ein

Höllgrotten - Monika Mansour

Höllgrotten
von Monika Mansour

Bewertet mit 5 Sternen

„...Unter all den Machtkämpfen der Männer leiden die Frauen und Kinder am meisten. Gemäss Schätzungen der UNO werden bis heute allein in Ostkongo jährlich fünfzehntausend Frauen aufs Schlimmste vergewaltigt. Für Kinderspielzeug gibt es kein Geld, für eine Kalaschnikow in Kinderhänden aber schon...“

 

Seit gut zwei Monaten ist Sara Chefin der Zuger Kriminalpolizei. Momentan steht sie unter der Lorzentobelbrücke. Zu ihren Füßen liegt eine junge schwarze Frau - tot. Sie hat keinerlei persönliche Sachen bei sich. Außerdem sind ihre Fingerkuppen abgeschliffen.

Die 23jährige Natalie ist ein Schmetterlingskind. Auf Grund eines Gendefekt führt jede falsche Berührung zu Hautschäden. Doch sie möchte ihren vielleicht kurzen Leben einen Sinn geben. Deshalb arbeitet sie als Umweltaktivistin und setzt sich über das Internet weltweit für benachteiligte Frauen ein. Sie lebt mit ihrem Vater, einem Arzt und Wissenschaftler, in einer Villa. Nach einem Einbruch stellen sie Tom als ihren persönlichen Bodyguard ein.

Die Autorin hat einen fesselnden und sehr feinfühligen Krimi geschrieben. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen.

Die Obduktion ergibt, dass Emeline, die Tote, vor kurzem ein Kind geboren hat. Außerdem findet sich auf ihrem Zeh das Wort Kipekapeka. Das ist eine Hilfsorganisation. Dadurch stößt Sara auf Natalie.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen und unterstützt die rasante Handlung. Nicht nur Sara, auch Natalie sorgen sich um das Baby. Natalie ahnt nicht, dass sie sich dabei in große Gefahr begibt.

Der Roman zeichnet sich durch mehrere Besonderheiten aus. Zum einen erfahre ich die Lebensgeschichte der meisten der Protagonisten. Jeder von ihnen hat sein Päckchen zu tragen. Zum zweiten wird die Geschichte des Kongo geschickt in die Handlung integriert. Das Eingangszitat bezieht sich darauf. Ein weiteres Zitat möge dies ergänzen:

 

„...Vor dreissig Jahren war die Region ein kleines Paradies gewesen...Dann kamen die Kriege, und aus dem Paradies wurde die Hölle. Der Westen schaute gern weg, solange er eines der rohstoffreichsten Länder der Welt zum eigenen Vorteil ausschlachten konnte...“

 

Die dritte Besonderheit ist die in kursiv abgedruckte Lebensgeschichte von Emeline. Sie wird von der jungen Frau selbst erzählt.

Bei ihren Nachforschungen bekommt Sara immer wieder gesagt, dass Emeline eine starke und stolze Frau war. Sie wusste, was sie wollte – eine Chance für ihr Kind! Dafür war sie durch die Hölle gegangen.

Mit Sara selbst habe ich so meine Probleme – und da bin ich nicht die einzige. Mag sein, dass Natalie ihr nicht die Wahrheit gesagt hat, doch wie sie die junge schwerkranke Frau behandelt zeugt von fehlendem Mitgefühl. Einige der Protagonisten geben ihr das auch deutlich zu verstehen. Ein Lichtblick im Team der Ermittler ist Staatsanwalt Lind. Mit seinem heiteren Gemüt versteht er es, manch Harte abzumildern.

Natürlich ist es für Sara nicht einfach, herauszufinden, wer die Wahrheit sagt, und wie komplex die Zusammenhänge in der Geschichte sind. Leider glaubt sie aber gern den Falschen.

Sehr gut werden die landschaftlichen Besonderheiten beschrieben. Das betrifft insbesonder die Schönheiten der Höllgrotten.

Doch auch an anderen Stellen arbeitet die Autorin gekonnt mit Metaphern. So hält sich Natalie gern in ihrem Schmetterlingshaus auf. Die Berührung der filigranen Falter tut ihrer Haut gut, weil sie ihr nicht schadet.

Hintergrund der Geschichte sind Diamantenschmuggel, Rohstoffhandel, Spielschulden und brutale Erpressung.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es verknüpft brisante politische Themen mit ganz persönlichen Schicksalen.