Rezension

Ein schöner historischer Roman

Das Mätressenspiel - Martha S. Marcus

Das Mätressenspiel
von Martha S. Marcus

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt:
Die junge Helena entscheidet sich, an den Hof der Herzogin Sophies von Hannover zu ziehen, um dort einen Mann zu finden - oder, besser, von einem Mann ausgewählt zu werden. Die finanziellen Sorgen ihrer Familie, die ein Gut zu verlieren hat die Auflösung ihrer vorherigen Verlobung, und der Ausblick auf Rettung durch eine Heirat mit einem hochrangigen Mann haben sie hierzu gebracht. Die Hofgesellschaft ist aber alles andere als ehrlich und vor allem Clara von Platen, Meisterin der Intrigen und Mätresse des Herzogs von Hannover hat alle in ihrer Hand. Es dauert nicht lange, bis auch Helena in dem Netz der Intrigen gefangen ist.

Formaler Aufbau:
Der formale Aufbau des Romans hat mir sehr zugesagt. Gleich am Anfang war ein Verweis auf das sehr hilfreiche Glossar und das übersichtliche Personenverzeichnis, das man sich auch gleich am Lesebeginn ansehen kann, weil es nichts spoilert. Dort wird auch klargestellt, was real und was erfunden ist, zudem gibt es noch einen kleinen Text zum historischen Hintergrund der Geschichte, welcher für mich (ein kompletter Laie auf dem Gebiet) durchaus lehrbar war. Praktisch beim Lesen sind auch die Zeitangaben an den Anfängen von Kapiteln, wenn ein größerer Zeitsprung in der Geschichte gemacht wurde.

Schreibstil; generelles zur Geschichte:
Die Geschichte wird auf eine Weise erzählt, die trotz der teilweise tristen Themen eine leichte Stimmung erzeugt. Das mag zum Teil auch an der bildhaften Sprache liegen, die von der Ausdrucksweise her durchaus auch zur Zeit passt (es werden für die Zeit typische Begriffe nicht nur in Dialogen verwendet, sondern auch in den Beschreibungen). Der Prunk des Adels wird genauso dargestellt wie die schlechten Aspekte des höfischen Lebens. Alles in Allem ist es ein authentischer historischer Roman mit fiktiven Teilen, die aber auch als solche gekennzeichnet werden. Die Thematik von Garten/Gartenbau u.ä. durchzieht das Buch; wenn man damit nichts anfangen kann, wird man trotzdem Spaß am Lesen haben, aber vielleicht langweilt man sich an manchen Passagen. Außerdem werden immer wieder Humor und Ironie eingesetzt. Auch Dialekte findet man im Buch; sie werden eingesetzt, um die ständischen Unterschiede der Leute zu vermitteln.
Gut umgesetzt finde ich auch, dass es eine Haupthandlungsstrang gibt und mehrere 'Nebenereignisse', die aber am Ende alle zum Fortgang der Handlung beitragen.

Charaktere:
Man baut schnell Sympathie zu den Charakteren auf - vor allem zu Helena und ihrer Familie - und obwohl es klare 'Gegenspieler' gibt, sind die Figuren nicht in strikte, stereotype 'Gute' und 'Böse' geteilt. Die Personen und ihre Beziehungen untereinander werden klar charakterisiert und nie war ich beim Lesen verwirrt, wer wer ist. Es wird aber nie so viel verraten, dass es nicht noch einige Überraschungen und 'Plottwist' gäbe.
Die klare Trennung der Charaktere untereinander ist essentiell, weil es im Buch immer wieder Sprünge in der Perspektive gibt.So sieht man die verschiedenen Positionen aller im 'Mätressenspiel' und manche Situationen werden aus mehreren Perspektiven erzählt, dass man einen Überblick über das Innenleben der wichtigsten Personen erhält. Die Charakterzüge werden durch Gespräche und Taten sichtbar, sodass man sich nicht mit ellenlangen, trockenen Charakterbeschreibungen abplagen muss. 
Generell finde ich die Anzahl der Personen passend (nicht zu viel und nicht zu wenig) und die 'Proportion' von Frauen zu Männern fühlte sich auch stimmig an. 
Besonders gefreut hat mich, dass die Protagonistin als starke Frau auftritt, die lediglich in eine missliche Lage geraten ist, die sie aber auch wundervoll meistert. 

Ein kleines 'Aber':
Ich fand den Roman wirklich toll, aber für mich persönlich war der Einstieg etwas zäh und die Interaktionen haben sich teilweise (irgendwo zwischen dem 3. und 10. Kapitel) etwas steif angefühlt. Das Ende hat sich ein bisschen 'kurz angebunden' angefühlt, alles wurde - meiner Meinung nach - ein bisschen zu hastig aufgelöst.  

Ich durfte den Titel im Rahmen einer Leserunde lesen; vielen Dank hier an das Team der Lesejury, die Autorin und allen Beteiligte.​

Kommentare

Fruneh babbelte am 05. Juli 2018 um 00:23

Ich fand den Roman wirklich gut, bis auf die kleinen Ausnahmen, die ich in der Rezension anspreche. Im Rahmen einer autorenbegleiteten Leserunde, durfte ich Martha Sophie Marcus ein bisschen 'kennen lernen' und ich fand die Art wie sie unsere Fragen beantwortet hat sehr sympathisch. Sie hat sich viel Mühe gemacht, uns mit historischen Hintergründen zu versorgen etc. Das hatte aber im Endeffekt keinen direkten Einfluss auf meine Meinung (indirekt insofern als dass sie im Buch ja auch viel historische Fakten usw. anbringt)