Rezension

Ein schwüler Sommer - nicht nur beim Wetter.

Die Lichtung - Linus Geschke

Die Lichtung
von Linus Geschke

Bewertet mit 5 Sternen

27 Jahre ist das alles her und eigentlich glaubt Jan Römer, das damals alles gesagt und ermittelt wurde.
Jetzt bekommt der Journalist von seinem Chef den Auftrag, über einen lange zurückliegenden Doppelmord, den die Polizei nie aufgeklärt hat, zu recherchieren und zu berichten. Er versucht alles, um diesen Auftrag nicht erfüllen zu müssen, erfindet Ausreden, weist auf seinen in wenigen Tagen beginnenden Urlaub und die deshalb zu knapp bemessene Zeit hin, doch nichts kann seinen Vorgesetzten umstimmen. Auf keinen Fall will Jan diesen Auftrag übernehmen, denn was sein Chefredakteur nicht weiß: Jan gehörte damals selbst zu der Clique Jugendlicher, die eigentlich nur ein unbeschwertes Sommerwochenende im Bergischen Land verbringen wollte. Das Wochenende endet jäh, als die Jugendlichen mitten in der Nacht eines des Mädchen, Lara, tot im Wald auffinden, offensichtlich vergewaltigt und dann erstochen. Nicht weit davon entfernt liegt einer der Jungen; Mike, ebenfalls tot und die Polizei geht davon aus, dass Unbekannte die beiden während eines heimlichen Treffens überfallen und dann getötet haben.
Diese Version glaubt auch die Clique, zumindest bis Jan jetzt plötzlich anfängt, die alten Freunde nach und nach zu kontaktieren und Fragen zu stellen.
Bei der Durchsicht der alten Ermittlungsakten ist ihm nämlich ein Satz aufgefallen, der plötzlich alle Alarmglocken in seinem Kopf klingeln lässt. So wie die Polizei es damals ermittelt hat, nicht zuletzt auch als Folge ihrer aller Zeugenaussagen, kann es auf keinen Fall gewesen sein. Es ist nur ein winziges Detail, das plötzlich dazu führt, dass Jan an seiner eigenen Version dieser Nacht - und der seiner Freunde – zweifeln lässt.

Jan beginnt zu recherchieren, gemeinsam mit seiner ehemaligen Kollegin und mittlerweile guten Freundin Mütze. Er beginnt, die Freunde von damals zu suchen und zu besuchen, um mit ihnen noch einmal über dieses Wochenende und diese Nacht zu sprechen. Doch das gefällt nicht nur Rolf nicht, der gleich mit Geldforderungen aufwartet bevor er zu einer Unterredung bereit ist. Auch bei den anderen Beteiligten findet Jan kaum offene Ohren, niemand ist daran interessiert, an der Vergangenheit zu rühren. Jan erlebt tätliche Angriffe gegen sich selbst, muss feststellen, dass sich auch die Polizei für seine Nachforschungen interessiert und fasst einen möglicherweise folgenschweren Entschluss, als Mütze plötzlich verschwindet.

Der Roman ist auf zwei Erzählebenen geschrieben, wobei die heutigen Ereignisse schon den Schwerpunkt bilden. Dazwischen aber gibt es sehr lebendig und authentisch beschriebene Rückblicke auf den Sommer 1986, in denen Jan sich an die Monate vor dieser Nacht und auch an die Ereignisse selbst erinnert. Der heiße Sommer, das Herumschrauben an „den Mopeds“ um sie noch ein bisschen schneller zu machen, die ersten Erfahrungen mit Mädchen und die erste große Liebe prägen diese Rückblicke bis dann mit der Mordnacht für die Freunde alles jäh endet. Der Spannungsaufbau beginnt langsam, macht aber ab spätestens der Hälfte des Romans einfach süchtig. Dabei gelingt es Linus Geschke sehr gut, den Leser auf mindestens zwei Fährten zu führen, die die richtigen sein könnten. Oder aber auch nicht.
Eine neue Stimme im Krimi-Genre, von der ich gern mehr hören oder lesen würde.