Rezension

Ein sehr interessantes Buch!

Inspektor Takeda und die Toten von Altona - Henrik Siebold

Inspektor Takeda und die Toten von Altona
von Henrik Siebold

Bewertet mit 5 Sternen

Japanische und deutsche Kultur treffen sich in Hamburg-Altona...

Ich bin bei Büchern, deren Handlung in Hamburg spielt oder bei Hamburger Autoren besonders kritisch – sorry, es ist aber einfach so...

Aber bei „Inspektor Takeda und die Toten von Altona“ stimmte die Chemie sofort. Schon allein die Idee fand ich interessant: ein Kommissar der Mordkommission Tokio, Kenjiro Takeda, wird für zwei Jahre bei der Hamburger Mordkommission hospitieren. Kriminalhauptkommissarin Claudia Harms ist wirklich not amused und steht seiner Ankunft äußerst skeptisch gegenüber. Als sie hörte, dass ausgerechnet sie sich um den neuen Kollegen kümmern sollte „war ihr sofort klar gewesen, woher der Wind wehte. Sie war die einzige Frau in der Mordkommission und in den Augen der Kollegen damit die ideale Babysitterin für ihren japanischen Gast“ (S.11). Für die Vorbereitung hatte sie ein dreitägiges „Wie-ticken-Japaner-Seminar“ besuchen dürfen... Und nach Übertragung eines Falles an Ken und sie vermutet Claudia sofort eine reine Beschäftigungstherapie und  dass sich  das Buchhändlerehepaar selbst erschossen hat. Aber Ken sieht mysteriöse Umstände, stellt Fragen – und es ist tatsächlich Mord! Soviel zur Handlung...

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen, bei vielen kleinen ironischen Anmerkungen zu beiden Kulturen musste ich schmunzeln (die deutschen kann ich nur bestätigen, deshalb gehe ich auch davon aus, dass auch die japanischen stimmen...). Der Spannungsbogen wird aufrechterhalten und zum Ende noch einmal erhöht.

Mir hat gut gefallen, dass die Geschichte in zwei Handlungssträngen erzählt wird. Claudia und Ken schildern uns Lesern jeweils ihre Sicht der Dinge: so erfahren wir viel über die unterschiedlichen Kulturen, bekommen einen Einblick in die japanische Denkweise, stoßen auf Schwierigkeiten in der deutsch-japanischen Zusammenarbeit, erleben unterschiedliche Sichtweisen und nehmen an den unterschiedlichen Entspannungsmöglichkeiten teil. Und wie ganz nebenbei erfahren wir viel über Japan... Aber wir können uns auch lebhaft vorstellen, was in einem deutschen Stadtteil (hier: Altona) passieren kann, der gentrifiziert wird / werden soll und was dies bei seinen Bewohnern auslöst.

Ich war beeindruckt, wie viel der Autor Henrik Siebold über Japan wusste, im Klappentext hatte ich über den Autor nur erfahren, dass er „u.a. für eine japanische Tageszeitung gearbeitet sowie mehrere Jahre in Tokio gelebt“ hatte. Trotzdem war ich immer wieder erstaunt , welch ein großes Wissen er über die japanische Sprache und Mentalität zu vermitteln verstand. Erst im Nachwort bekam ich darauf eine Antwort: „Als ich im April 1969 zum ersten Mal nach Japan kam, hatte ich einen unschätzbaren Vorteil auf meiner Seite: ich konnte noch nicht sprechen. Ich war gerade einmal anderthalb Jahre alt.

Jung und offen und ungeschützt ohne Sprache, war ich eben auch nicht durch sie gefangen. Es war mir möglich, tief in jenes einzigartige, zarte, zugleich auch dichte und hermetische Geflecht einzutauchen, das die japanische Gesellschaft ausmacht. Japan wurde ein Teil von mir, und es begann eine lebenslange Begegnung mit jenem weiten, nahen Land, das so viele Menschen weltweit fasziniert. zu Recht.“ (S. 411)  Ja, genau dieses habe ich als Leserin gespürt...

Wer einen wirklich sehr interessanten und spannenden Krimi (nicht blutrünstig, also auch durchaus für sensiblere Seelen geeignet!) lesen möchte, dem kann ich „Inspektor Takeda und die Toten von Altona“ wärmstens empfehlen – übrigens der 1. Teil einer Reihe, die ich sicherlich weiterhin verfolgen werde!