Rezension

Ein sehr persönliches Buch über das, was von uns übrig bleibt

Was bleibt - Susannah Walker

Was bleibt
von Susannah Walker

Bewertet mit 5 Sternen

Susannah Walker, Was bleibt. Über die Dinge, die wir zurücklassen, Kein & Aber 2018, ISBN 978-3-0369-5786-9

 

Irgendwann im Leben eines jeden Menschen, besonders dann, wenn er selbst das 50. Lebensjahr überschritten hat, wird er oder sie damit konfrontiert, dass ein Elternteil oder ein naher älterer Verwandter gestorben ist. Für wenige, und dann umso härter, schlägt dieses Schicksal schon früher zu, und der Tod trennt sie von geliebten Menschen.

 

In jedem Fall stehen die Trauernden zunächst vor der Aufgabe, die Bestattung zu organisieren und allerlei Bürokratisches zu erledigen. Doch je länger ein Leben gedauert hat, desto mehr an Dingen und Erinnerungen bleibt zurück. Manche lassen erst einmal alles so, wie der oder der Verstorbene es zurückgelassen hat, aber früher(insbesondere wenn eine Wohnung aufgelöst werden muss) oder später muss alles, was zurückgeblieben ist, geordnet, aufgehoben oder aber weggeworfen und entsorgt werden.

 

Der Autorin des hier vorliegenden von Yasmin von Rauch ins Deutsche übersetzten Buches, die Engländerin Susannah Walker, hat dies erlebt. Als ihre Mutter gestorben ist, findet sie in deren Haus im englischen Worcester ein Sammelsurium an Nippes, alten Fotos und Gebrauchsgegenständen, die jeweils eine Geschichte zu erzählen scheinen.  Was zunächst wie eine kurze notwendige Arbeit aussah, ein Haus auszuräumen, erweist sich als eine lange alltagsarchäologische Reise in die Vergangenheit einer Mutter und Familie.  Dabei kommt Susannah Walker der eigene Beruf zu Hilfe: Sie ist es als Kuratorin gewohnt, sich mit Dingen und deren Bedeutung zu beschäftigen, sie als Objekte zu betrachten und zu interpretieren.

 

Und doch ist dies etwas ganz anderes. Denn es ist mit starken und lange teilweise unterdrückten Gefühlen verbunden. Stück für Stück kommt sie einer ihr zeitlebens fremden Frau näher, ihrer eigenen liebesunfähigen Mutter. Mit großer Selbstfürsorge rekonstruiert sie lange verdrängte und vergessene zum Teil sehr schmerzhafte Erinnerungen. Auf eine beeindruckende und mich als Leser sehr bewegende Weise legt sie so vorsichtig und achtsam die Geschichte ihrer Herkunft frei, setzt sich mit den Folgen der Liebesunfähigkeit ihrer Mutter auseinander, stößt auf einen verstorbenen Bruder und bringt weitere Familiengeheimnisse ans Licht.

 

Ein sehr persönliches Buch über das, was von uns übrig bleibt.