Rezension

Ein Serienauftakt, der viel verspricht

Everflame 01 - Feuerprobe
von Josephine Angelini

Bewertet mit 5 Sternen

'Schon auf dem Weg zu Mädchentoilett raffte Lily Proctor ihre widerspenstigen Haare zusammen.' (Erster Satz)
Lily mit ihren roten Haaren ist an ihrer Highschool der Außenseiter schlechthin. Dennoch steht ihr bester Freund Tristan, der zugleich ihr heimlicher Schwarm und dazu der beliebteste Typ auf der Schule ist, immer hinter ihr und ihren unerklärlichen Allergieausbrüchen, die immer häufiger auftreten. Aus diesem Grund sitzt die Enttäuschung tief, als Tristan sie hintergeht. Da sie ihm nicht verzeihen kann und will, möchte sie nur noch fort von ihm und dem Rest ihrer Welt.
Und dieser Wunsch erfüllt sich. Sie wacht in einem anderen Salem auf und dort wartet auf sie nicht nur ihr Gegenstück Lillian, sondern auch Rowan, der unwiderstehlich und doch unerreichbar scheint.

Rezension:
Wie schon in der 'Göttlich'-Trilogie fiel es mir unglaublich leicht in die Geschichte einzutauchen. Auch hier wird man in die kalte und erbarmungslose Realität der Protagonistin hineingeworfen und muss mit ihr zusammen einen ihrer, sich häufenden, Zusammenbrüche miterleben. Natürlich erlebt sie zu Beginn auch ein paar schöne Momente, die vor allem mit ihren besten Freund Tristan und einigen typischen Erfahrungen für Teenager zusammenhängen, die mich aber nicht sonderlich beeindruckt haben. Doch diese Abwechslung erleichtern den Einstieg, bevor Josephine Angelini ihrer Fantasy wirklich freien Lauf gelassen hat. Zusätzlich erschien mir der Schreibstil relativ locker dafür, dass sich die Autorin so gewählt ausgedrückt hat. Jedenfalls sorgte er für die nötige Verbindung von Stimmungen und Gefühlen.
Nun möchte ich auch schon zur Protagonistin Lily kommen, die schon von klein auf unter vielen Dingen leidet. Zum einen sind da ihre allergischen Anfälle, die sie und auch sonst niemand unter Kontrolle kriegt. Und dadurch wird sie auch zur Außenseiterin, denn ihr Immunsystem verhindert, dass sie wie jeder andere Teenager an Party's oder sonstigen Aktivitäten teilnehmen kann. Dazu kommt, dass ihre Mutter allem Anschein nach Tag für Tag ein wenig mehr ihren Verstand verliert. Es ist jedoch bemerkenswert, dass Lily das alles einfach einsteckt und versucht ihr Leben trotz allem zu leben. Den halt dafür bekommt sie von ihrer Schwester Juliet und von ihrem besten Freund Tristan, zumindest bis zu dem Tag an dem er beschließt sie zu einer Party mitzunehmen und sie schwer zu enttäuschen. Aber auch als Lily allein in einer Welt ist die sie nicht kennt schlägt sie sich wacker und versucht stehts ihrem Gefühl zu folgen und das richtige zu tun. Nur ist das alles nicht so leicht, wenn man sich in einer Parallelwelt befindet, die nichts mit der eigenen Welt zu tun hat. Für Lily ist das aber kein Grund aufzugeben und so begibt sie sich auf ein Abenteuer und ´beweißt Stärke, Mut, Willenskraft und einen Charakter, den man einfach gern haben muss.
Aber die Facetten, die man bei Lily deutlich erkennt, ziehen sich auch durch die anderen Charaktere, von denen definitiv jeder seinen eigenen Kopf hat. Am prägnantesten war hier Rowan, der, wie sollte es anders sein, zunächst nicht mehr als der typische Badboy ist. Jedoch lernt man ihn mit jeder Seite besser kennen und erkennt den Grund für seine Abweisung gegenüber Lily. Und nach einiger Überwindung und vielen Momenten, die Lily und Rowan verbinden, öffnet er sich schließlich und wird der Inbegriff von Überzeugung und Kampfgeist, ohne dabei gefühllos zu erscheinen.
Natürlich tauchen auch viele weitere Charaktere, wie Lillian, auf, die nicht immer sympathisch erscheinen, aber alle gut durchdacht sind und von denen ich in den Folgebänden noch mehr zu erfahren erhoffe, da viele von ihnen in mir eine Welle von Gefühlen auslösten.
Am meisten begeistert hat mich aber kein Charakter, sondern die außergewöhnlich und soweit ich beurteilen kann sehr originelle Story, die mich spätestens mit der Ankunft von Lily in einem anderen Salem mitgerissen hat. Da konnten auch kleinere und vor allem kurze Abbrüche in der Spannung das Ruder nicht herumreißen. Meiner Meinung nach hat Josephine Angelini hier eindeutig ihr Können bewiesen, was Ideenreichtum und Liebe zum Detail angeht. Dazu gab sie eine Prise geschichtlichen Hintergrund, der sie bekanntlich sowieso sehr begeistert, und erschuf eine Welt, vor der man sich zum einen fürchten und zum anderen begeistern muss. Denn hier haben wir es nicht nur mit Hexen, senkrechten Agrarkulturen und eine kuriosen Meinung über die Wissenschaft zu tun, sondern auch mit gruseligen Geschöpfen, einer neuen Art von Rassismus und Unterdrückung zu tun.
Und wie nicht anders zu erwarten endet das Buch mit einem spektakulärem Cliffhanger, über den ich wohl noch eine ganze Weile nicht hinwegkommen werde.

Fazit:
Durch den geordneten und dennoch leichten Schreibstil fiel es mir leicht den roten Faden aufzugreifen, der durch das Buch hinweg eine gewisse Spannung verspricht, sobald diese sich erst einmal aufgebaut hat. Die wenigen Momente, die für einen kurzen Stocker sorgten habe ich dabei fast vergessen.
Auch die Unklarheiten lösten sich meist im Verlauf des Buches auf und ließen mich um so mehr den Detail- und den Einfallsreichtum von Everflame und seinen Charakteren genießen. Nur der böse Cliffhanger ist fast, aber wirklich nur fast ein Grund dafür, dass Buch nicht sofort zur Hand zu nehmen, denn hier finden neben Hexenliebhabern, auch Fantasyfans ein Buch zum verlieben.