Rezension

Ein Sommer am Atlantik

Die Sommer meines Lebens - Fiona Valpy

Die Sommer meines Lebens
von Fiona Valpy

Bewertet mit 4 Sternen

Die junge Ella verbringt 1938 ein zauberhaften Sommer auf der Ile de Ré bei einer französischen Freundin ihrer Mutter. Mit Sohn Christophe verbindet sie bald mehr als eine Freundschaft. Es scheint, sie hat die Liebe ihres Lebens gefunden. Doch schon ihren nächsten Sommerbesuch muss sie abbrechen. Der Krieg ist ausgebrochen und Christophe wird zur Armee eingezogen. Auch Ella meldet sich als Freiwillige zum Frauenhilfscorps der Army. Dann erhält sie eine schreckliche Nachricht aus Frankreich, die ihre Zukunftspläne zunichtemachen.
60 Jahre später bittet Ella ihre Enkelin Kendra ihre Erinnerungen aufzuschreiben. Ella ist am Ende ihres Lebens angekommen und spürt, wie sich ihre Erinnerungen allmählich auflösen. Sie möchte aber ihre Geschichte an ihre Kinder, vor allem an ihre Tochter, weitergeben. Für Kendra werden Ellas Geschichten auch zum Spiegel ihrer eigenen Situation. Ihre Ehe ist in einer Krise, ihr Mann und sie sind überfordert von den Problemen mit dem autistischen Sohn Finn. Ihre Liebe scheint verloren zu gehen, während sie versuchen, den Alltag zu bewältigen.
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Die Erinnerungen von Ella führen nach Frankreich, berichten von unbeschwerten Sommerwochen und dem Zauber der ersten großen Liebe, über die bereits die dunklen Wolken der Kriegszeiten drohen. Ihre Erzählungen reichen bis ins Jahr 1970 und berichten von Hoffnung und zerplatzten Träumen, von Verzicht und neuem Glück. Dieser Zeitraum nimmt nicht nur den größten Teil des Romans ein, er ist auch der Teil, der mich am meisten gefesselt hat. Eine starke Frau, die am Ende ihres Lebens zurückblickt und ihr Schicksal Revue passieren lässt – das hat mich wirklich berührt und auch die historischen Details, die den Zweiten Weltkrieg aus der Sicht Englands und Frankreichs erzählen, fand ich sehr interessant.
Die Szenen vom Sommer auf der Atlantikinsel sind zauberhaft erzählt, Wind und Sonne, der Duft der Gräser und Kräuter, das wirkt lebendig und erzeugt farbige Bilder in meiner Vorstellung und nimmt mich mit auf die Insel.
Dagegen wirkt Kendra und ihr Familienproblem fast ein bisschen blass. Obwohl sehr sympathisch geschildert und ihr Nöte greifbar sind, ist eindeutig Ella die prägnanter gezeichnete Figur.
Ein warmherziger Roman, der obwohl manche traurige Szene enthält, einen optimistischen Ausblick auf das Leben hat. Ich habe mich davon wirklich anrühren lassen und bin auf Stunden die in Geschichte eingetaucht.