Rezension

Ein Sommerkrimi, den ich mir schöner nicht vorstellen konnte

Mörderischer Mistral - Cay Rademacher

Mörderischer Mistral
von Cay Rademacher

Bewertet mit 4.5 Sternen

Wer einen seichten Urlaubskrimi sucht, der nicht deprimierend oder übermäßig kompliziert ist, der liegt mit Cay Rademachers "Mörderischer Mistral" genau richtig.

Wer kennt das nicht, es geht in den verdienten Sommerurlaub und selbst für einen lesefaulen Kerl wie mich bedeutet das, es muss auch der ein oder andere Krimi mit.

Im Urlaub mag ich es nicht besonders, Krimis zu lesen, die ggf. zu sehr die eigene Sicht auf die Welt aus den Angeln rückt, oder auf eine sonstige Art und Weise aufs Gemüt drücken. Rein optisch und auch vom Klappentext schien mir "Mörderisches Mistral" von Cay Rademacher ein geeigneter Begleiter zu sein und dieser Eindruck sollte mich auch nicht täuschen.

Natürlich ist das alles schon mal da gewesen. Ein Kommissar, der versetzt wird und sich am Arsch der Welt durchschlagen muss, aber Cay Rademacher gibt der Sache nichts zu düsteres oder gar deprimierendes. Nein, er lässt seinen Kommissar in die Provence versetzen und wer dort schon mal Urlaub gemacht hat, weiß mit Sicherheit, es kann einen wirklich härter treffen.

Rademachers Kommissar Roger Blanc hat sich in Paris etwas zu sehr festgebissen und bereits den ein oder anderen Politiker in arge Schwierigkeiten gebracht und bevor er dort der Karriere vom Pariser Staatssekretär und seinen Freunden zu nahe kommt, stellt dieser ihn kurzer Hand kalt. Oder eigentlich stellt er ihn heiß, denn er versetzt ihn dahin, wo er ein Auge auf ihn hat, ohne das ihm Blanc gefährlich wird. In die Provence, ganz in die Nähe seiner Frau, bei der er stets an Wochenenden verweilt.

Rademacher sorgt hier schon mal für Spannung, denn er ist nicht einfach nur versetzt, sondern steht auch noch unter Beobachtung durch die Gattin des Staatssekretärs, die Blancs Ermittlungen als Untersuchungsrichterin stets im Auge hat. Hier setzt der Autor die Langzeitstory an, die er für eine Serie mehrerer Fälle des Ermittlers Blanc braucht. Das sein Kommissar nun stets auf der Hut sein muss und selbst nicht ganz genau weiß, was letzten Endes den Anstoß zu seiner Versetzung gegeben hat gibt den Ermittlungen eine gewisse Würze, denn er muss stets um seinen freien Willen fürchten.

In der Provence mahlen die Mühlen langsamer und das ist, wie fast alles was Rademacher schreibt, auch nicht erfunden. Für einen Pariser Kommissar, der einst einer Sondereinheit angehörte ist diese Entschleunigung und natürlich die Hitze, sowie die Tatsache dass in seinem Örtchen jeder jeden kennt, eine harte 360 Grad Drehung.

Rademacher schafft es die Schönheit der Provence nicht überschwänglich zu beschreiben, doch aber ein gewisses Feeling rüber zu bringen. Da ich vor nicht allzu langer zeit einen richtig heißen Sommerurlaub in der Provence verbracht habe, fand ich mich in diesem Krimi was die Locations und das Gefühl angeht stets wieder, was mir wirklich gut gefallen hat.

Klasse auch, wie der Autor es bei den Charakteren schmal hält, ohne zu wenig zu erklären. Die Menge an Personen und deren Eigenschaften hält sich wirklich gut in Grenzen, wer zwischendurch mal nachsehen möchte, für den sind alle Personen hinten im Buch kurz aufgelistet.

Der erste Teil hat mir wirklich ausgesprochen gut gefallen. Nicht zu kompliziert, immer angenehm spannend und eine feine Mischung aus Klischee und Ernsthaftigkeit.  

Einen Kritikpunkt habe ich noch, der entweder der Übersetzung, oder aber der Faulheit des Autors geschuldet ist. In der deutschen Fassung gibt es bei der Beschreibung von Fahrzeugen nur Schwarz und Weiß. Ein PKW ist entweder Top in Schuss und Prollig (dann sind es immer deutsche Fabrikate) oder aber "verbeult" und auch wenn das jetzt spitzfindig klingt, wenn in einem Buch dreißig mal ein PKW auftaucht und IMMER "verbeult" ist, dann finde ich es etwas einfallslos. Es gibt wirklich ausreichend Unterschiede und so finde ich vor allem die Beschreibung eines Traktors als "verbeult" wirklich unpassend. Verlebt, verrostet, heruntergekommen, verwittert... selbst wenn man nur ein Wort für die Beschreibung verbrauchen will, so ist ein alter Traktor doch i.d.R. so wenig verkleidet, dass "verbeult" nun wirklich weit hergeholt ist.

Herr Rademacher, entweder den Übersetzern die Ohren lang ziehen, oder mal nach Marseille fahren und auf Autos achten. Verbeult sind die dort zwar tatsächlich fast alle (der Verkehr ist dort wirklich gewöhnungsbedürftig) aber es gibt noch wesentlich mehr Merkmale, die ein herannahendes Fahrzeug beschreiben können. 

Glaubt mir, ihr verdreht spätestens bei der zehnten Begegnung mit einem Auto bei der Beschreibung die Augen :)

Ansonsten top und daher habe ich mir auch direkt den zweiten Fall von Roger Blanc besorgt!