Rezension

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EIn spannender Krimi mit Geschichtsaspekt

Die andere Hälfte der Hoffnung - Mechtild Borrmann

Die andere Hälfte der Hoffnung
von Mechtild Borrmann

Von einem Augenblick auf den anderen wird das beschauliche Leben des Witwers Mathias Lessmann auf den Kopf gestellt, als ein halbnacktes Mädchen auf der Flucht vor zwielichtigen Typen auf seinem Hof Zuflucht sucht. Sie ist eine junge Ukrainerin, die mit einem Studentenvisum nach Deutschland gekommen ist und hier mit ihrer Freundin gefangen gehalten und zur Prostitution gezwungen wurde. Während sie sich auf dem Hof einlebt und Lessmann  sie gegen ihre Peiniger verteidigen muss, wartet Walentyna in der Entfremdungszone verzweifelt auf eine Nachricht ihrer Tochter. In den einsamen Winternächten beginnt sie ihr Leben aufzuschreiben.
Mechthild Borrmann ist ein beeindruckender Roman gelungen, der die grausamen Praktiken des Menschenhandels ebenso beleuchtet, wie ein wichtiges Thema der Geschichte des neuern Europas: Tschernobyl. Das Trauma, das der Atomunfall für Menschen und Land hatte, ist wirkungsvoll erzählt. Die Einzelschicksale berühren und machen einen demütig.
Die Krimihandlung ist spannend und geschickt ausgearbeitet, sodass man bis zum Schluss nicht weiß, welche Freunde und Kollegen falsch spielen und Leonid Kyjan, Mitglied einer Sonderkommission zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, immer wieder sabotieren. Dass er sich dennoch nach Deutschland aufmacht, um die Mädchen auf eigene Faust zu suchen, bringt den Fall ins Rollen. Sein Charakter ist sehr sympathisch dargestellt, auch wenn er ebenfalls desillusioniert und müde ist.
Die Sprache ist sachlich und zurückhaltend, die Tagebucheinträge Walentynas schaffen aber eine ganz besondere emotionale Nähe.
Ich kann diesen Roman jedem mit Interesse  an einem spannenden Krimi mit Vermittlung von Hintergrundinformationen und Schicksalsberichten zu Tschernobyl ans Herz legen.