Rezension

Ein spannender und auch berührender Thriller!

Ich vermisse dich - Harlan Coben

Ich vermisse dich
von Harlan Coben

Bewertet mit 5 Sternen

Obwohl ich keine besonders ausgeprägte Vorliebe für amerikanische Autoren habe, schätze ich die Bücher von Harlan Coben sehr. Ich habe bereits mehrere seiner Thriller gelesen und war stets begeistert von den raffiniert ausgeklügelten und stimmigen Plots sowie den fein gezeichneten Charakteren, mit denen es der Autor immer wieder schafft, mich mit seinen Büchern zu fesseln. Dies ist Coben auch mit Ich vermisse dich wieder gelungen, denn ich war schon nach wenigen Seiten von der Geschichte gefangen. Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen und zahlreiche Cliffhanger erhalten die Spannung stets aufrecht, sodass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und die 512 Seiten in kürzester Zeit regelrecht verschlungen habe.
Verschiedene Handlungsstränge, die zunächst nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, laufen parallel nebeneinander her und werden aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, was den Nervenkitzel zusätzlich steigert. In der Mitte hat das Buch kurzfristig ein paar Längen, die ich ihm jedoch verzeihe, denn viele Informationen sind notwendig, um zu begreifen, wie die verschiedenen Handlungsebenen zusammenhängen. Die letzten 150 Seiten waren allerdings wieder so spannend, dass ich sie in einem Zug lesen musste, denn ich wollte unbedingt wissen, wie die unterschiedlichen Handlungsstränge miteinander verwoben sind und wie das Buch endet. Am Ende war dann doch alles ganz anders als ich es zunächst vermutet hatte. Viele Zufälle scheinen zwar manchmal etwas weit hergeholt, aber der Kreis der unterschiedlichen Handlungsstränge schließt sich dennoch zu einem logischen und stimmigen Ganzen und ließ mich fassungslos und auch nachdenklich zurück.
Ich lese sehr gerne Thriller, aber leider sind sie oft recht platt, da viele Thriller-Autoren einen größeren Wert auf die geschilderte Brutalität als auf eine gut durchdachte, schlüssige und intelligente Handlung legen. Auch Ich vermisse dich ist kein Buch für zartbesaitete Gemüter, denn Coben scheut sich nicht davor, grausame Mord- und Folterszenen recht detailliert zu beschreiben, aber dennoch ist das Buch nie flach und nichtssagend, sondern regt auch zum Nachdenken an und hat mich an vielen Stellen auch berührt, was bei Thrillern sehr selten der Fall ist. Der Autor entwirft sehr interessante und vielschichtige Charaktere, die mitunter ganz anders sind als sie auf den ersten Blick erscheinen. In die Hauptprotagonistin Kat konnte ich mich sofort einfühlen, denn sie war mir von Anfang an sympathisch. Sie wirkt nach außen zwar recht hart, lässt sich offenbar durch nichts erschüttern, aber sie ist eine tief verletzte, einsame Frau, die auch 18 Jahre nachdem ihr Lebensgefährte sie verlassen hat, nie über diese Trennung hinwegkam. Sie ist auf der Suche nach Antworten, denn sonst kann sie weder den Tod ihres geliebten Vaters noch den Verlust der Liebe ihres Lebens zu einem Abschluss bringen. Auf ihrem Weg, endlich Antworten auf ihre Fragen zu bekommen, stößt sie immer wieder auf Widerstände, merkt, dass selbst die wenigen Menschen, denen sie blind vertraut, oft ein falsches Spiel spielen, sie hinters Licht führen wollen und sie eigentlich niemandem trauen kann. Nicht zuletzt fand ich das Buch aber auch deshalb so interessant, weil es sich mit aktuellen Themen wie Sicherheit im Internet und Onlinedating beschäftigt und auch die Frage beleuchtet, was Menschen aus Einsamkeit und auf der verzweifelten Suche nach Liebe zu riskieren bereit sind.
Harlan Coben hat es wieder einmal geschafft, einen gut durchdachten, äußerst spannenden und gleichzeitig berührenden Thriller mit einem stimmigen Plot zu schreiben, der mich in jeder Hinsicht überzeugte und fesselte.