Rezension

Ein spannendes Buch

Drei Tage und ein Leben
von Pierre Lemaitre

Bewertet mit 4 Sternen

Der kleine Rémi ist verschwunden. Und damit fängt für Antoine eine Odyssee an, denn er weiß, was ihm zugestoßen ist. Aber er hat Angst es zu sagen. Nun beginnen drei endlose Tage für Antoine, die auch noch Einfluss auf sein späteres Leben haben werden.

Das Cover wirkt irgendwie traurig und obwohl es eigentlich nicht so meinem Geschmack entspricht, muss ich zugeben, dass es sehr ausdrucksstark ist. Es hat irgendwas.
Man erlebt die Geschehnisse zusammen mit Antoine. Und ich habe direkt Mitleid mit ihm entwickelt, denn seine Mutter, die ziemlich dominant wirkt und ihm alles vorschreibt und stets darauf bedacht ist, was die anderen von ihr denken, überschattet alles. Und Antoine liebt sie sehr und möchte ihr auf keinen Fall wehtun.
Das finde ich für so ein junges Kind schon sehr bewundernswert, allerdings zeigt das auch, wie sehr seine Mutter ihn unter Druck setzt. Und so ist es kaum verwunderlich, das Antoine ziemlich einsam wirkt und all seine Liebe dem Nachbarshund schenkt.
Und als dieser dann stirbt weiß er einfach nicht wohin mit seiner Trauer, aber auch mit der Wut. Und dann beginnt die eigentliche Geschichte.
Ich finde, die Gedanken des Kindes Antoine sind sehr gut eingefangen und dazu kommt dann noch der berichtende Stil. Das gibt dem Ganzen dann nochmal eine extra Portion Spannung.
Obwohl mir Antoine im Laufe der Geschichte immer unsympathischer wurde, da aus dem verängstigten, einsamen Kind ein ziemlich egoistischer Erwachsener wird, wurde der Roman dadurch kaum langweiliger. Im Gegenteil, man fiebert auf das Ende hin, denn nun ist die Frage: Kommt am Ende alles raus?
Neben Antoine steht aber auch die Gemeinschaft im Dorf ziemlich im Mittelpunkt und dieser gut beschriebene Alptraum entwickelt sich ziemlich schnell zu einer Hexenjagd mit Verleumdungen und Mutmaßungen über denen die Wut der Dorfbewohner schwebt.
Die anderen werden alle ziemlich schnell verurteilt und man meidet sie oder redet zumindest hinter ihrem Rücken schlecht über sie.
Aber genauso kollektiv, wie einige Leute im Dorf verurteilt werden, genauso hält die Gemeinschaft dann bei einer Katastrophe zusammen. Ich finde das ein gelungenes Porträt eines Dorfes.
Was mich allerdings ziemlich verwirrt hat, waren die Namen. Einige Personen werden die ganze Zeit nur mit Nachnamen angesprochen und die Kinder natürlich alle mit Vornamen und so hat es einige Zeit gedauert, bis ich die jeweiligen Charaktere in Verbindung gebracht habe.
Ansonsten ist das Buch sehr gut geschrieben und ich konnte der Handlung gut folgen. Auch die ganzen bedrohlichen Situationen sind einfach klasse beschrieben, sodass man alles hautnah mitfühlen kann.
Am Ende schließt sich dann der Kreis und ich finde, es ist ein verdientes Ende für Antoine. Denn wie oben schon erwähnt, denkt er immer mehr nur an sein eigenes Wohlergehen und blickt kaum zurück, sondern hofft immer weiter auf sein Glück im Leben.
Aber dieses Buch ist ein gutes Beispiel dafür, wie jede Entscheidung Einfluss auf unser späteres Leben nimmt.

Mein Fazit: Ein empfehlenswertes Buch, das zeigt, was bestimmte Situationen aus Menschen macht. Denn nicht nur Antoine wird in den Strudel um Rémis Verschwinden hineingezogen. Letztendlich ist es eine Geschichte über ein ganzes Dorf und wie mit Katastrophen umgegangen wird. Ein Buch zum Nachdenken.