Ein spannungsgeladener Zeitreiseroman der Extraklasse!
Bewertet mit 5 Sternen
In seinem zweiten Roman "Gegen alle Zeit" entführt uns Leser Tom Finnek in einen regelrechten Alptraum, den der Schauspieler Henry Ingram durchlebt. Dieser erwacht nach seiner Premierenfeier zur "Bettleroper" mit einem schlimmen Kater auf einem feuchten Steinfußboden in einem stinkenden Keller. Und erst ganz allmählich dämmert ihm die unglaubliche Wahrheit:
Anstatt im 21. Jahrhundert wacht er im Jahr 1724 mitten unter jeder Menge zwielichtiger Gestalten auf. Und so platzt er mitten hinein in die Entstehungsgeschichte zur "Beggar's Opera". Aber nicht nur das - nein, er trifft dort auch noch auf exakt die Figuren aus der Aufführung zur "Bettleroper". Viel Zeit um das Ganze zu realisieren bleibt Henry allerdings nicht, denn direkt nach seinem Erwachen trifft er auf den seiner Zeit berüchtigten Gauner Blueskin Blake oder besser gesagt Blueskin auf ihn. Zusammen mit der Hure Edgworth Bess und ihren Komplizen wollen sie den berühmten Räuberhauptmann Jack Sheppard aus dem Gefängnis Newgate befreien. Als sich Henry eher unfreiwillig dieser gewagten Aktion anschließt, wird er allerdings schnell selbst zum gesuchten & gejagten Verbrecher und muss schon bald um sein Leben fürchten …
Ja und so beginnt für den Leser der Einstieg in die Geschichte des Zeitreisenden Henry Ingram alias Captain Macheath. Und bevor man sich’s versieht ist man um knapp 300 Jahre in der Geschichte zurückversetzt und wird in einen wahren Strudel der Ereignisse hineingesogen und erst knapp 550 Seiten später atemlos wieder ausgespuckt. Man blickt sich verwirrt um und ist total traurig, weil man die liebgewonnenen Figuren nicht einfach mitnehmen kann ins Hier und Jetzt. Sie bleiben leider zurück in dieser temporeichen und unglaublich packenden Geschichte. Nur ein Epilog tröstet uns ein bisschen über den Trennungsschmerz hinweg, weil wir dort wenigstens noch erfahren was mit unseren Hauptfiguren allesamt passiert.
Unfassbar spannend und wunderbar bildhaft schildert uns Lesern Hr. Finnek dieses alte London mitsamt seinen Straßen & Gebäuden, seinen Gerüchen & Bewohnern. Mit Hilfe eines im Buch enthaltenen Stadtplans vom London dieser Zeit konnte man jederzeit ganz wunderbar nachvollziehen wohin die Reise der Hauptfiguren ging. Auch ein Anhang aus Anmerkungen & Übersetzungen halfen ganz detailliert Sprache und Figuren einwandfrei zu verstehen.
Die ganze Geschichte ist rundum stimmig und eher außergewöhnlich aufgebaut. So wird jedes Kapitel eingeleitet mit einem Spruch aus der "Bettleroper" und absolut treffend von einer wunderschönen Illustration von Tina Dreher untermalt. Die Kapitel selbst sind jeweils aus verschiedener Sicht der Protagonisten geschildert und das übt durchaus einen ganz eigenen Reiz auf den Leser aus – so dürfen wir einmal Henrys' Sicht der Geschichte kennenlernen, um danach atemlos Bess‘ Ausführungen zu folgen. Dadurch lernt man dann auch alle Charaktere im Buch sehr gut kennen und versteht durchaus ihre Handlungen und Taten. Diese Perspektivenwechsel bringen zusätzlich auch noch Spannung ins Geschehen und sind äußerst aufschlussreich.
Als Leser taucht man nur ungern aus diesem wirklich perfekt recherchierten und spannungsgeladenen Schmöker auf und ist überaus traurig diese Welt irgendwann auch wieder verlassen zu müssen. Dafür möchte ich mich bei Hr. Finnek bedanken, denn er schaffte es tatsächlich zu 100%, mich auf eine historische Zeitreise der Extraklasse mitzunehmen.
Zu Anfang nämlich noch zugegebenermaßen skeptisch, worauf ich mich mit einem historischen Zeitreiseroman eingelassen habe, war ich schon nach dem 1. Abschnitt wirklich mitten drin im Geschehen und restlos von der Geschichte gefesselt. Der wirklich komplett hohe Spannungsbogen, der sich meiner Meinung nach tatsächlich auf über 500 Seiten sogar noch kontinuierlich steigert, die detaillierten Personen- und Ortsbeschreibungen, das Geheimnis der Zeitreise und ihren Ursprung plus das grandiose Finale – all das machte diesen Roman für mich zu einem unvergesslichen Leseerlebnis der Extraklasse!
5***** und ein Extra* für diese gelungene Inszenierung – recht herzlichen Dank! Solltet ihr diesen Roman zur Hand nehmen überlegt euch gut, ob ihr genügend Zeit am Stück erübrigen könnt, denn einfach aufzuhören und das Buch mal wegzulegen ist schlichtweg kaum möglich.