Rezension

Ein Spiegel für die weiße Gesellschaft

Drei Kameradinnen -

Drei Kameradinnen
von Shida Bazyar

Bewertet mit 4 Sternen

Der Roman erzählt von den Freundinnen Hani, Kasih und Saya, deren konsequent verschwiegene Herkunft einen immensen Einfluss auf ihr Leben hat. Die Geschichte setzt sich mit den alltäglichen Kommentaren auseinander, die die sogenannten „Weißen“ unbedarft oder auch absichtlich den Dreien entgegen schleudern. Shida Bazyar zeigt drei Varianten auf, wie Betroffene dieser mangelnden Sensibilität begegnen. Es geht jedoch nicht „nur“ um Blicke und Sprüche, sondern um die Gesamtheit herabwürdigender Verhaltensweisen, um sämtliche Eskalationsstufen von Gewalt, Hetze und rechtem Terror.

Die Autorin hält der Leserschaft den Spiegel vor, lässt einen eigenes Handeln überdenken. Dafür lässt Shida Bazyar ihre Figur Kasih als Erzählerin von Ihrer Kindheit berichten, von dem Leben in der Siedlung. Kasih lässt uns ganz nebenbei teilhaben an den gemeinsamen Teilerfolgen, dem Weg zum Abitur und durch das Studium. Trotz des hohen Bildungsgrades, den sich die Freundinnen erarbeitet haben, bleibt es schwierig, in der weißen Gesellschaft Fuß zu fassen.

Durch ihre direkte Art, mit der Kasih uns persönlich anspricht, war ich ihr gleichzeitig nah und auch fremd. Nah, weil vermutlich alle „Anklagepunkte“ korrekt sind, manches habe selbst in ähnlicher Form erlebt. Fremd, weil ich mich zwangsläufig auch als Täter, mindestens aber schweigender Beobachter erkennen musste. Auch wenn diese Wahrheit weh tut, ich manchmal aufgrund der Penetranz im Vortrag innerlich aufstöhnen musste, mochte ich die sprachliche Technik mit viel Ausdauer. Das hatte etwas Erfrischendes, als hätte ich Kasih auf einer Party getroffen und sie hätte erzählt.

So entwickelt sich die Geschichte von der Kindheit der Freundinnen Hani, Kasih und Saya hin zum Hier und Jetzt. Ich hätte mir gewünscht, dass der Höhepunkt der Geschichte etwas früher erreicht worden wäre. Damit hätte es aus meiner Sicht zum Schluss mehr Möglichkeiten für Klarheit gegeben. Der Ausgang der Geschichte hat mich zugegebenermaßen überfordert. Thesen, denen ich im gesamten Verlauf hundertprozentig folgen konnte, wurden erschüttert. Ich kam mir irgendwie vorgeführt vor. So ging für mich auf den letzten paar Seiten Glaubwürdigkeit verloren. Trotzdem empfinde ich diesen Roman als wichtige Unterstützung in der Selbstreflexion.