Rezension

Ein sympathischer Versager

Geschenkt - Daniel Glattauer

Geschenkt
von Daniel Glattauer

Bewertet mit 5 Sternen

Gerold Plassek ist Journalist bei einer Wiener Gratiszeitung, lethargisch und dem Alkohol recht zugetan. Bewegung kommt in sein Leben, als er von der Existenz seines 14jährigen Sohnes Manuel erfährt und zu dessen nachmittäglichem „Babysitten“ verdonnert wird. Zeitgleich führt eine von Gerold verfasste Zeitungsnotiz über eine Obdachlosenunterkunft zu einer hohen anonymen Geldspende. Eine Reihe weiterer 10.000 €-Spenden folgt an soziale Einrichtungen und notleidende Einzelpersonen, jeweils eingetütet mit aktuellen Zeitungsausschnitten von Sozialreportagen, die Gerold mit Manuels tatkräftiger Unterstützung geschrieben hat. Gerold rückt immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Über die gemeinsame Arbeit und den Versuch der Entlarvung des Wohltäters kommen sich Gerold und Manuel, der nicht weiß, dass er seinen Vater vor sich hat, näher. Noch weitere Personen werden wichtig für Gerold: Seine Tochter aus geschiedener Ehe und seine Zahnärztin. Wird er deshalb vom Alkohol lassen?

 

In diesem fiktiven Roman hat Daniel Glattauer eine wahre Begebenheit verarbeitet, nämlich das sog. Wunder von Braunschweig, eine dortige anonyme Spendenserie beginnend im November 2011.

Genau wie die beiden Protagonisten Gerold und Manuel will auch der Leser unbedingt wissen, wer hinter den Wohltaten steckt. Das führt dazu, dass man einfach nicht mehr von dem Buch lassen kann. Ob und wie das Rätsel letztendlich gelöst wird, sei an dieser Stelle nicht verraten. Auf jeden Fall war ein solches Ende nicht vorauszusehen. Sprachlich überzeugt das Buch durch den für Glattauer eigentümlichen trockenen Humor und Wortwitz. Die Dialoge zwischen Gerold und Manuel mit „Kausal-Gegenfragen“ und Gerolds gedankliche Wortspiele sind zu komisch. Sehr schön ist auch dargestellt, wie Gerold in seine plötzliche Vaterrolle hineinwächst und sich eine besondere Vater-Sohn-Beziehung entwickelt. Auch Gerolds Beziehungen zu weiteren nahestehenden Personen werden neu belebt. Gerade Gerolds Wandlung von dem faulen, in den Tag hineinlebenden, gerne trinkenden Schreiberling zu dem verantwortlichen Vater macht ihn so sympathisch.

 

Dieser Roman hat bestimmt das Potenzial, ein Bestseller zu werden. Ich jedenfalls kann ihn nur empfehlen.