Rezension

Ein Thriller um KI, Pädophilie und den Schutzmechanismus eines Vaters

Das Joshua-Profil
von Sebastian Fitzek

Bewertet mit 3 Sternen

Die Story

Zunächst ein ominöser Anruf aus der Klinik. Und dann ein unangemeldeter Besuch des Jugendamtes. Der Schriftsteller Max Rhode traut Augen und Ohren nicht, als die Beamten ihm mitteilen, dass sein Pflegekind Jola zu ihren leiblichen Eltern zurückgeführt werden soll, denen vor einigen Jahren das Sorgerecht wegen Drogen- und Gewaltdelikten entzogen worden ist. In einer Kurzschlusshandlung will Max mit seiner Tochter fliehen, doch nach einem Unfall ist Jola verschwunden und Max findet sich - konfrontiert mit falschen Vorwürfen - im Krankenhaus wieder. Nachdem Max eine ihm vertraute Stimme wahrnimmt, beginnt ein aussichtsloser Spießrutenlauf. Denn die Hintergründe sind viel komplexer, als Max sich zunächst vorstellen kann.

Mein Eindruck

Sebastian Fitzek hat mit dem Schriftsteller Max Rhode eine interessante Hauptfigur ins Rennen geschickt. Denn unter diesem Pseudonym veröffentlichte Fitzek Ende 2015 den Roman "Die Blutschule", der in diesem Buch ebenfalls eine zentrale Rolle spielt.

Das Buch ist in der Ich-Perspektive verfasst, was dem Leser eine schnelle und intensive Identifikation mit dem Protagonisten ermöglicht. Der Leser wird gleich zu Beginn des Buches in die dramatischen Ereignisse hereingerissen, was mir besonders gut gefällt. So lernt er auch die anderen Protagonisten rund um Max Rhode kennen. Und eines haben sie alle gemeinsam - jeder macht sich auf seine eigene Art und Weise verdächtig etwas mit den seltsamen Vorfällen zu tun zu haben. Für lange Zeit tappt man als Leser völlig im Dunkeln, hat kaum eine Chance, die Geschehnisse miteinander zu kombinieren und der Frage nach dem WARUM? auf die Schliche zu kommen.

Erst zur Mitte des Buches wird durch das Auftreten einer weiteren Person das Geheimnis um das Joshua-Profil schlagartig gelüftet. Dadurch verändert sich der Charakter des Buches m.E. doch maßgeblich und verliert im zweiten Teil des Buches etwas an Spannungsniveau. Ein Kritikpunkt, der mir persönlich nicht gut gefallen hat.

Die weiteren Hauptfiguren neben Max und seiner Tochter Jola treten ab diesem Zeitpunkt bis kurz vor dem Ende der Geschichte weitestgehend in den Hintergrund, während Fitzek versucht hat, spannungsgeladene Situationen um Vater Max und Pflegekind Jola zu schaffen. Ein Vorhaben, das nur bedingt gelungen ist, da die sonst bei Fitzek hochgelobten Plot-Twists ausbleiben bzw. dem Autor nur bedingt gelungen sind.

Gegen Ende des Buches gibt es sie dann doch noch - eine der unerwarteten Wendungen - die bis dahin viele offene Fragen um den Handlungsstrang aufklärt und das Spannungsniveau noch einmal hochtreibt. Dennoch bleiben viele Fragen offen. Um Max' Frau. Um seinen Bruder. Um das Joshua-Profil.

Fazit

Möglicherweise wäre es besser gewesen, ich hätte vorab "Die Blutschule" gelesen um im ersten Teil des Buches die Zusammenhänge der Vorfälle besser verstehen zu können. Das kann ich leider nicht beurteilen. Die Spannung der ersten Buchhälfte macht meines Erachtens jedoch das "Salz in der Suppe" bei diesem Thriller aus. Seit der Lüftung um das Geheimnis des Joshua-Profils plätscherte das Buch dann etwas vor sich hin. Der Spannungsbogen ebbte ab und das Lesevergnügen pegelte sich auf mittlerem Niveau ein.

Als Liebhaber von Fitzek-Büchern habe ich schon bessere Romane von ihm gelesen. Ein Umstand, den auch das dramatische Ende des Buches nicht rausreißen kann. Die gebundene Ausgabe hat 432 Seiten. Der Roman beschränkt sich auf 396 Seiten, da das Buch dein ausgiebiges Nachwort des Autors sowie eine Leseprobe von "Die Blutschule" enthält.