Rezension

Ein tiefsinniges Buch, das berührt

Sternschnuppenträume - Julie Leuze

Sternschnuppenträume
von Julie Leuze

Bewertet mit 4.5 Sternen

Inhalt:

Als Svea den Kopf in den Nacken legt und in den sternenklaren Nachthimmel schaut, geschehen zwei Dinge, mit denen sie absolut nicht gerechnet hat. Erstens: Sie sieht eine Sternschnuppe, eine lange, strahlende, wunderschöne – eine, die Wünsche in Erfüllung gehen lässt. Zweitens: Im nächsten Moment taucht Nick neben ihr auf. Nick sieht gut aus, ist charmant und wird ihr ganz bestimmt schon morgen das Herz brechen. Doch heute Nacht will Svea nicht an morgen denken. Sie will mit Nick Sternschnuppen zählen, eng umschlungen hier am Strand, bis es nichts mehr gibt außer ihnen beiden. Und vor allem will Svea nicht daran denken, dass es für sie und Nick keine Zukunft geben kann. Morgen wird die Welt wieder so sein wie vorher. Eine Welt ohne Nick. Oder etwa nicht?

Cover

Das Cover finde ich persönlich einfach wunderschön. Irgendwie ein bisschen wie die Geschichte, auf den ersten Blick. Ein scheinbar eher schlichtes, einfaches, schwarz-weißes Cover, welches in seiner Einfachheit aber wunderschön ist. Und dann noch die hervorstechende Schrift, ein kleines Highlight. Damit gibt das Cover einen großen Hinweis auf die Geschichte. Genau, wie es ja bei den meisten Young Adult Büchern ist, ist auch hier vorne ein Liebespärchen zu sehen. Eigentlich kann ich das überhaupt nicht leiden. Ich meine…irgendwie sieht das a) Immer gleich aus (Stichwort: Schubladendenken und: Judge a book by its cover) und b) immer irgendwie billig aus. Irgendwie einfach nur…oberflächlich eben. Aber dieses Cover.  Dieses Cover stellt das Pärchen nicht in den Mittelpunkt, sondern dezent in Szene gesetzt wirkt das Cover ruhig, melancholisch, und trotzdem irgendwie …glücklich? Ich weiß nicht, ob das das richtige Wort ist. Jedenfalls liebe ich dieses Cover. Und vor allem den Titel „Sternschnuppenträume“ finde ich einfach nur total schön.

Schreibstil:

Der Schreibstil in diesem Buch…hat mich sehr zwiespältig zurück gelassen. Klar, das Buch liest sich sehr gut. Schnell, flüssig, in einer guten Atmosphäre. Die Autorin schafft es, klare, bildliche Szenen im Kopf entstehen zu lassen. Und trotzdem. Die meiste Zeit im Buch, schreibt Leuze sehr emotional und tiefgründig über wichtige Themen. Sie regt zum nachdenken an. Mit ihrem ruhigen Stil, der nicht an einem reißt und einen anschreit, trifft sie einen mit voller Wucht ins Herz. Sie bringt einen zum Nachdenken. Sie bringt einen dazu, dass sich mein kleines Herz an dieses Buch klammert. Es erreicht mich. Mit einer wunderschönen, vielschichtigen und sehr feinfühligen Erzählweise.

Aber leider hält diese nicht 340 Seiten durch. Leider. Immer mal wieder wird der Erzählfluss durch platte, oberflächliche Sätze gestört. Klar, sicher sollen diese das sonst eher ernste und traurige Buch auflockern und Spaß machen, mich haben sie dabei allerdings eher gestört. Ich meine, da hat man schon mal die Chance, ein Young Adult Roman zu lesen, der tiefgründig geschrieben ist, da muss die Autorin auch schon zum altbekannten greifen. Hmm. Schade. Denn an sich liest sich das Buch wirklich echt schön.

Handlung:

Alles beginnt damit, dass Nick und Svea bei der letzten Party des Sommers aufeinandertreffen. Bei der letzten Party, bevor das Leben wieder ernst wird und die Schule weitergeht. Auf dieser Party begegnen sich Nick und Svea. Und für einen kurzen Moment lassen beide den verletzlichen, wirklichen Menschen hinter der gepflegten Fassade aufblitzten. Dadurch kommt es zu einem Kuss, der diese Geschichte prägen soll.

Am Anfang des Buches lernen wir die beiden Protagonisten kennen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Svea ist ein eher unscheinbares Mädchen. Sie lebt am Rande ihrer Stadt, in einem kleinen, spießigen Haus, in einem kleinen, spießigen Leben. Doch dieses Leben hat sich in den letzten Monaten drastisch gewendet und niemand darf davon wissen. Um Ruhe zu finden und um glücklich zu sein, sich abzulenken, arbeitet sie zusammen mit ihrer besten Freundin Rieke in einer Seehundstation, in welcher junge Heuler aufgefangen werden. Wir lernen Svea anfangs als ein launiges, am Boden zerstörtes Mädchen kennen. Sie ist wütend, verzweifelt und enttäuscht, ist unzufrieden mit ihrem Leben und ihrer Familie. Kurzum: Sie sieht das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr.

Und Nick, der Sunnyboy, der blonde Sex-Gott der Schule, der in einer routinierenden On-Off-Beziehung regelmäßig seine Freundin Astrid betrügt, auch bei diesem Nick, der ein scheinbar erfülltes, gutes Leben im Reichviertel führt, auch dieser Nick hat Problem. Denn mit Nick lernen wir einen Kämpfer kennen, der etwas ändern möchte, der bereit ist, für seine Träume zu kämpfen, nur noch nicht weiß, wie er anfangen soll. Nick, der genau wie Svea so viel mehr vom Leben erwartet.

Beide Protagonisten sind einem vom Anfang an sympathisch, wobei ich Nick immer ein bisschen mehr mochte. Das Schöne an ihnen ist, dass sieeinfach so…sympathisch und echt wirken. Wie aus dem Leben geschrieben. Sie sind keine Teenager, deren Leben irgendwie anders ist als das unsere. Es sind Teenager, die unsere Nachbarn sein könnten. Ihr Denken, ihr Handeln, ihre Ängste und ihre Wünsche können wir verstehen, auch, wenn natürlich die beiden Schicksalsschläge der beiden ihren Charakter prägen. Insgesamt allerdings lernen wir zwei kluge, sensible, kritische Teenager kennen, die im Laufe dieses Buches herausfinden, wer sie sind, was sie sein wollen, wofür es sich zu kämpfen lohnt, aber auch wie ungerecht und hart das Leben sein kann.

Dieses Buch ist sicherlich keine leichte Sommerlektüre, denn obwohl sie sich meistens so liest, so ist dieses Buch doch so viel mehr. Es geht nicht um einen kleinen Sommerflirt mit einer Prise Erotik. Nein, sogar das Thema Liebe und Sex sind in diesem Buch feinfühlig und authentisch charakterisiert. Keine Überzogenen Bettspiele oder Dirty Talk vom Feinsten. Stattdessen bietet dieses Buch warmherzige und authentische Szene, die Schmetterling im Bauch zum Flattern bringen, das Thema Verhütung ansprechen und zeigen, dass z.B. Sex im Stehen gar nicht so leicht ist wie gedacht.

Aber vor allem geht es um zwei besondere Menschen, die wir im Laufe dieses Buches in unser Herz schließen dürfen. Svea und Nick. Ein ganz besondere Geschichte, der sicherlich ein bisschen Spannung noch gut getan hätte, die im Großen und Ganzen aber einfach nur berührt und bewegt.

Fazit:

Wer erwartet, dass es sich bei „Sternschnuppenträume“ von Julie Leuze um ein kleines, seichtes Sommerbüchlein handelt, der hat sich getäuscht: Statt überzogener Erotik und Süßholzgeraspel erzählt Leuze eine authentische und bewegende Geschichte über zwei Jugendliche, unsere Gesellschafft, Träume, das Leben und Sternschnuppen. Mit echten Gefühlen, einem einfachen, aber trotzdem tiefsinnigen Schreibstil und facettenreichen, durchgehend glaubwürdigen und sympathischen Figuren zaubert Leuze ein Buch, welches man erst nicht aus der Hand legen und dann nicht vergessen kann.

Für dieses besondere Buch mit kleinen Schönheitsfehlern vergebe ich 4,5 Sterne.