Rezension

ein toller Reihenauftakt mit jeder Menge Lärm

New World - Die Flucht - Patrick Ness

New World - Die Flucht
von Patrick Ness

Zitat:
„Vollkommene Stille gibt es einfach nicht. Hier nicht und woanders nicht. Nicht, wenn man schläft, und nicht, wenn man wach ist, einfach nie.“
(S.25)

Wenn ich beim Gehen ihren Hinterkopf betrachte, spüre ich, wie die Stille mein Herz berührt, und ich habe noch immer das Gefühl, dass ich einen schrecklichen Verlust erlitten habe, fühle mich noch immer so traurig, dass ich weinen möchte.“
(S.156)

Inhalt:
Vor Jahren setzten die Spackles im Krieg das Lärmbazillus frei. Unzählige Menschen, die Hälfte aller Männer und jede einzelne Frau verfielen daraufhin dem Wahnsinn und starben. Die Spackles gibt es nun nicht mehr. Doch der Lärm ist geblieben.

Der zwölfjährige Todd ist in dieser Welt voller Lärm aufgewachsen. Er steht kurz davor, zum Mann zu werden. Jeder wird in Prentisstown mit dreizehn Jahren zum Mann. 
Aber eine Entdeckung bringt ihn in große Gefahr. Plötzlich befindet er sich auf der Flucht. Sein Leben gerät völlig durcheinander. Auf seinem Weg lauern Gefahren. Und seine Verfolger kommen unaufhörlich näher.

Meinung:
„New World“ steht jetzt schon seit einiger Zeit in meinem Regal. Irgendetwas kam immer wieder dazwischen, so dass ich bisher nicht zu der Reihe greifen konnte. Nun endlich war es jedoch soweit. Ich nahm „New World – Die Flucht“ zur Hand und begann mit der Geschichte.

Gleich zu Beginn traf ich auf Todd. Unterwegs im Sumpf mit seinem Hund Manchee wurden mir erste Rahmenbedingungen dieser Welt erläutert. So erfuhr ich auch relativ schnell, dass Manchee sprechen kann. Dies war sozusagen meine erste kleine Hürde, denn sprechende Tiere hatte ich eigentlich nicht erwartet. Doch nach und nach erhielt ich Erklärungen, weshalb einige Entwicklungen eingetreten sind. Und ich stieß auf den Lärmbazillus. Jedem Mann in New World umgibt sein eigener Lärm, der aus Tönen, Bildern und Gedanken besteht. Ich muss gestehen, dass mich allein die Vorstellung daran halb wahnsinnig gemacht hat! Immer, wenn ich von diesem Lärm gelesen habe, wurde ich selbst irgendwie unruhig, konnte es nicht fassen, dass man damit tatsächlich leben kann. Im weiteren Verlauf der Geschichte gewöhnte ich mich jedoch zunehmend an diese Vorstellung, gänzlich akzeptieren könnte ich den Lärm in meinem Leben allerdings nicht.

So schuf Patrick Ness eine auf den ersten Blick für mich abstoßende Welt, die dennoch mit einigen faszinierenden Einblicken punkten konnte. Der Autor sprach mich des Öfteren durch Todd direkt an, um mich in die Handlung zu integrieren. Die Geschichte brachte er mir in Gegenwartsform näher, konsequent aus der Sicht von Todd erzählt. An die wirklich umgangssprachlich und jugendlich gehaltenen Dialoge musste ich mich erst etwas gewöhnen, doch fiel mir dies zunehmend leichter. Der zu Beginn etwas holprige Schreibstil wurde zusehends besser zum Lesen und so kam es, dass ich irgendwann wirklich in der Geschichte versunken bin und mich das Leben in New World fesseln konnte.

Den zwölfjährigen Todd lernte ich anfangs als etwas naiven Jugendlichen, der an der Schwelle zum Erwachsenen steht, kennen. Er kann es kaum erwarten, endlich zum Mann erklärt zu werden. Immerhin ist er der jüngste Bewohner von Prentisstown und damit der Letzte, der diesen Schritt vollziehen wird. Seine Eltern sind tot, aufgewachsen ist er bei Ben und Cillian, die ihn nach dem Tod seiner Mutter aufgenommen hatten. 
Aber dieser eine Tag im Sumpf hat sein Leben verändert. Von einem Tag auf den anderen muss er flüchten. Anfangs versteht er nicht, weshalb er diesen Weg gehen muss. Doch die Erkenntnisse fügen sein Bild zusammen und so begreift er schließlich. Plötzlich übernimmt Todd wirklich Verantwortung. Nicht nur für sein Leben, auch andere Menschen versucht er zu beschützen. Seinem vermeintlichen Ziel kommt er näher, doch was wird ihn tatsächlich dort erwarten. Ist es die ersehnte Zuflucht oder ist die Hoffnung trügerisch?
Todd, der auf seinem Weg so manche Niederlagen und Verluste hinnehmen musste, wurde mir zusehends sympathischer, der Funke zum Protagonisten konnte sozusagen überspringen. Es gelang ihm immer besser, mich von seinem Handeln zu überzeugen und damit an seiner Seite bereitzustehen. Die charakterliche Entwicklung war für mich deutlich spürbar, aus dem Jungen ist tatsächlich ein Mann geworden.

Patrick Ness lässt diesen ersten Teil mit einem wahren Cliffhanger ausklingen. Ich brauche deshalb sicher nicht zu erwähnen, dass ich damit gleich zum zweiten Teil der Reihe, „Das dunkle Paradies“ greifen werde.

Urteil:
In „New World – Die Flucht“ konnte mir Patrick Ness seine erschaffene Welt wirklich gut vermitteln und seine Charaktere zum Leben erwecken. Nachdem sich zwischen mir und der Geschichte die erforderliche Harmonie eingespielt hatte, konnte ich das Buch in vollen Zügen genießen und wurde gefesselt. Für die Begleitung Todds auf seiner Flucht vergebe ich deshalb 4 Bücher.

Für alle, die sich in fremden Welten zurechtfinden können, jedoch nicht gleich das ganze Ausmaß bestimmter Entwicklungen wissen müssen und gewisse Überraschungen verkraften. 

Die Reihe:
1. New World – Die Flucht
2. New World – Das dunkle Paradies
3. New World – Das brennende Messer

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