Rezension

Ein tolles Buch über zwei Außenseiter

Die Biene und der Kurt - Robert Seethaler

Die Biene und der Kurt
von Robert Seethaler

Bewertet mit 5 Sternen

Die folgende Rezension beruht auf der Hardcover-Ausgabe; ich habe das eBook angegeben, weil in der Datenbank nur hier das schöne Cover gezeigt wird. Doch nun zum Buch:

In seinem Roman »Die Biene und der Kurt« erzählt Robert Seethaler die Geschichte von Kurt Heartbreakin' Dvorcak, dem »König des Rock'n'Roll und des Schlagers«, und der 16-jährigen Biene Kravcek; Biene haut aus dem Mädchenheim ab, das von der bigotten Heimleiterin Kämmerle (»Mitleid, Sorge und verzeihende Liebe sind praktisch Daueruntermieter im Kämmerlegehirn«, S. 17) geleitet wird. Biene trifft auf Kurt, und zusammen gehen sie in seinem Heartbreakin'-Mobil auf Tour.

Wie in seinen anderen Büchern zeigt der Autor wieder seine große Fähigkeit, die Personen seiner Bücher dem Leser und der Leserin gegenwärtig werden zu lassen. Er verbindet Komik mit Empathie, und ich habe selten ein Buch gelesen, über das ich so viel lachen musste – und selten eines, das in einer Passage so traurig ist.

Seethalers Art zu schreiben lässt in der Vorstellung vor allem plastische Bilder entstehen. Der Autor schafft eine Unzahl von oft komischen Szenen, Bildern und Beschreibungen, seine Fantasie und Kreativität in diesem Buch sind unerschöpflich. Einige Beispiele: Über Kurts Hustenanfall heißt es: »Da sitzt er jetzt schief da und hustet wie ein geschundener Bergarbeiter. Weil natürlich Schottischer [Whisky] und Filterlose sind keine Kurmittel! Die fordern schon ihren Teil von Lunge und Leber. Aber wer ein richtiges Rock-’n’-Roll-Leben führen will, der darf über Kompromisse erst gar nicht nachdenken.« (S. 93) – Zum Musikgeschmack der Heimleiterin: »Zwar hat die Frau Kämmerle inzwischen eine Kassette in den Radiorekorder geschoben, aber Rock’n’Roll ist das nicht, was da so leise vor sich hin dudelt. Eher so eine Fahrstuhlmusik. Mit religiösem Groove, wenn man so sagen kann. Eine katholische Fahrstuhlmusik.« (S. 199 f.) Über einen Konzertagenten: »Ein grünes Hemd mit rosaroten Streifen trägt der Stefano und eine gelbe Hose dazu. Von den Schuhen spricht man besser nicht. Ob der Stefano Rimini jetzt ein modischer Avangardist oder einfach nur ahnungslos ist, hat man noch nicht herausgefunden.« (S. 165) Neben solcher Komik gibt es zahlreiche treffende Kennzeichnungen von Phänomenen wie Sucht, Angst.

Mit diesen oder anderen Zitaten aus Einzelszenen lässt sich nicht hinlänglich zeigen, wie gut »Die Biene und der Kurt« insgesamt ist; Christine Westermann wird vom Verlag mit einer Aussage zu einem anderen Buch Seethalers zitiert: »Hätte mich Einer bei der Lektüre dieses großartigen Buches beobachtet, hätte er eine Frau gesehen, der manchmal vor Staunen der Mund offenstehen blieb. Wenn er sich nicht gerade zu einem ungläubigen Grinsen verzogen hat.« Dies könnte man auch über »Die Biene und der Kurt« sagen. Ich hätte ihm, wenn möglich, auch mehr als 5 Sterne gegeben.