Rezension

Ein Tränenmeer für Venedig

Der Sommer mit Pauline - Ivan Calbérac

Der Sommer mit Pauline
von Ivan Calbérac

Der Protagonist weint gerne ... und viel ... zu viel

Ein Klassiker: Verunsicherter Pubertierender, der sich irgendwie für seine Familie schämt, sie aber auch irgendwie liebt, trifft auf seine erste große Liebe, die aus einer superreichen Familie kommt, wunderschön ist und in so vielen Dingen überlegen, dass das sowieso nichts werden kann. Die alte Geschichte von Aschenputtel und dem Prinzen, nur in den Rollen getauscht. Man mische noch verschrobene, aber herzallerliebste Charaktere dazu, einen Roadtrip nach Venedig und schon entsteht ein neuer Roman. Klar funktioniert das, weil es zu einer locker leichten Lektüre führt, die eine breite Leserschaft anspricht. Mich hat es allerdings nicht überzeugt.

Und das lag am Hauptcharakter Émile. Émile ist ein - wie man hier im Rheinland so schön sagt - „Heules“. Er jammert ständig rum. Selbstbewusstsein sucht man bei ihm vergebens. Natürlich trägt er ein Herz aus Gold in sich, dieses ertränkt er nur leider in Selbstmitleid. Er liebt seine Familie - er hasst seine Familie und natürlich wird darüber geweint. Etwas funktioniert nicht so, wie er sich das erhofft hat, Émile versinkt in einem Meer aus Tränen. Dabei ist er 15 und man möchte meinen, in dieser Zeit überwiegt Kampfesgeist und Auflehnung gegen seine Familie. Aber nein, Émile weint. Dabei tut seine Familie alles, um ihn zu seinem Superdate nach Venedig zu bringen - nur auf ihre eigene, ziemlich chaotische Art. Ach ja, und die angebetete Pauline ist eine Egoistin, die Émile zu einem Spielball in ihrem ach so furchtbaren Leben macht. Doch gutherzig, wie Émile nun einmal ist, rennt er dem Mädel mit Scheuklappen hinterher und - wie sollte es anders sein - vergießt unzählige Tränen.

Fazit: Sorry, das war mir zu viel Drama. Zwei Sterne gibt es noch, weil es sich unkompliziert lesen lies und die ein oder andere skurrile Szene ganz nett war.